[Radde, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern] Kapitel 6 Abs. V

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V. Physiognomische Schilderungen der Formationen in der alpinen Region,

Äußerliche Einförmigkeit der alpinen Flora S. 371. Die Alpen-wiesen im W. und O. des Gebietes S. 371. Alpine Flora der Ararate S. 373. Der Beginn der Vegetationsperiode im Hochgebirge; Blüten der Wiesenformation S. 380. Subalpine Flora nahe an der Baumgrenze S. 385. Rhododendron caucasicum S. 387. Das Reich der hochalpinen Arten S. 389. Herbst in der alpinen Region S. 399.


Aus dem Wüste der Namen und Zahlen retten wir uns, ermüdet, zum Schlüsse unserer Abhandlung in die freie Natur, um in den stillen Triften, auf den unteren alpinen Halden des Hochgebirges, wo die Vegetation nicht durch Heerde und Sense gestört wurde, das wenig variierende, aber immer kräftige und schöne Antlitz dieser subalpinen Pflanzenformation kennen zu lernen. Die Züge dieses Gesichtes sind überall scharf und nach einem Typus geschnitten, die geringen Varianten der alpinen Flora verraten immer nahe Familienverwandtschaft.

Ihr aufwärts bis in die Region des ewigen Schnees zu folgen, wo sie sich nach und nach aus anfänglich festen Rasenbildungen auflöst und wir in den Zwergen der Nivalen und Supranivalen die äußerste Grenze der Phanerogamen in der Vertikalen finden, wird eine zweite Aufgabe für uns sein.

Äußerliche Einförmigkeit der alpinen Flora. Aber ich muss gestehen, dass trotz der großen Ausdehnung, welche in meinem Gebiete die subalpine und hochalpine Zone bedecken, ihr vegetativer Charakter, insofern er den äußeren, allgemeinen Eindruck bedingt, überall da, wo die terrestrische Unterlage einigermaßen dieselbe ist, wenig wechselt. Es wiederholen sich immer dieselben Arten und man kann mit Recht von einer gewissen Langweiligkeit dieser schönen Flora sprechen. Diese Bodenunterlage zeichnet sich für die subalpine Wiese stets durch reichen Humusgehalt aus, die Mächtigkeit der Schicht humusreicher Rasenerde ist sehr verschieden, in den Senkungen des Terrains am größten. An solchen Stellen entwickelt sich die Flora am kräftigsten und erreicht da an Gehängen mit sickernden Quellen, oder, wo in den Schluchten und Böschungen der im Winter hoch zusammengewehte Schnee sich erst spät im Sommer ganz löst, eine überraschende, man darf sagen, verblüffende Üppigkeit. Solche Plätze werden immer von wenigen ausdauernden Species in dichtester Anordnung bewohnt.

Wo die Möglichkeit fehlte, eine selbst im Verlaufe langer Zeitperioden geringe Rasenerde zu bilden, da giebt es auch keine subalpine Wiese. Das kann man an vielen Orten des Daghestan erkennen, zumal da, wo die Stellungen schroff und das Gestein lamellarischer und deshalb gelegentlich rutschender Schiefer ist.

Die Alpenwiesen im Westen und Osten des Gebietes. Bei Erörterung der kaukasischen Wälder erkannten wir den großen Einfluss, welchen die Beschaffenheit der Atmosphäre auf das Gedeihen der Bäume ausübt. Ganz dasselbe gilt auch für die Kräuterflora der alpinen Wiesen. Wenn ich mir alle jene Gegenden ins Gedächtnis zurückrufe, die ich seit 1864 in den Kaukasusländern oberhalb der Wälder durchwanderte, so wird mir klar, dass von W. nach 0. mit der ständigen Abnahme der Feuchtigkeit der Luft auch die Alpenwiese dürftiger und räumlich beschränkter wird. Das entlegene, äußerste [p.372:] Quellland des Hippos im Dadian'schen Suanien, welches unbewohnt und auch nicht von wandernden Nomaden besucht wird, bot mir den besten, in keiner Weise beeinflussten Typus subalpiner Flora dar. Im höher gelegenen Parallel-thale des Ingur, welches verhältnismäßig stark bevölkert ist und wo bescheidene Kulturen noch in reichlich 2130 m (7000 r. F.) Höhe anzutreffen sind, ist die Breite der alpinen Zone durch die tiefe Senkung der Schneelinie sehr beeinträchtigt, in den meisten Fällen erreicht sie sogar nicht einmal 900 m (3000 r. F.) vertikalen Unterschiedes. Noch weniger kann das tiefer gefurchte Parallelhochthal des Rion, gleichfalls stark bevölkert, in seinen alpinen Wiesen mit dem des Hippos konkurrieren. Im pontischen Küstengebirge und auf der adsharo-imeretischen Wasserscheide kommt die subalpine Wiese in den entsprechenden Höhen zu ebenbürtiger Entwickelung. Im Trialet (Randkette von Hocharmenien) sowohl, wie auch im östlichen Teile des Großen Kaukasus hängt die Üppigkeit meistens sehr von der Bodenfeuchtigkeit ab; wo diese fehlt, da bleiben zwar die Arten, aber die Individuen werden schwächer und dünner gestellt. Im Karabagh-Gau kenne ich nur eine Lokalität mit reichster subalpiner Vegetation, sie liegt unmittelbar an der Ostseite des granitischen Meridianstockes im Quellgebiete des Ochtschi-tschai, wo nicht geweidet wurde. Gewiss ist, dass in allen seit Menschengedenken zur Sommerzeit stark beweideten alpinen Gebieten die Vegetation sehr litt, ja sogar teilweise vernichtet wurde, und das ist auch in Karabagh der Fall. Andererseits aber muss zugegeben werden, dass nicht nur in diesem Gau, sondern überhaupt im ganzen südöstlichen Teil der Kaukasusländer, in Folge der Trockenheit der Luft, die xerophil-rupestren Pflanzen mehr und mehr die Oberhand gewinnen und bedeutend höher steigen, als im centralen, — namentlich aber im westlichen — Kaukasus, in welchem letzteren sie zum größten Teil ganz fehlen. Im südlichen Randgebirge des Goktschai-Sees, welcher in den oberen Lagen des Daralagös-Gaues nur wenig bevölkert ist, kommt die subalpine Flora in 2280—2740 m zu guter Entwickelung. Schon der dort öfters gebrauchte Name der Eingeborenen: Gösöl-dara, d. h. Blumenthal, den wir hier wie auch an der N.-Seite des Alagös und an anderen Weideplätzen Hocharmeniens finden, deutet die Vorzüglichkeit solcher Weideplätze .an. Am Alagös, dem sommerlichen Aufenthaltscentrum der russischen Kurden, werden sie bei strichweise guter Entwickelung alljährlich maltraitiert. Hier sowohl wie auch im Daralagös sind zwei sehr charakteristische subalpine Species noch reichlich vertreten, ich meine nämlich Anemone narcissirlora und Betonica grandiflora. Der Nachweis über das Vorkommen beider fehlt uns bis jetzt ebensowohl für beide Ararate, als auch für Talysch. In dem letzteren Gebiete, soweit es zu Russland gehört, ist die untere alpine Zone sehr beschränkt. Die Kulminationshöhen des Grenzgebirges erreichen, wie wir wissen, wenig über 2440 m . Westwärts schließen .sich ihnen unmittelbar trockene Hochebenen im persischen Florentypus an. Die östliche Seite fällt steil in den dürren Suant-Gau ab, welcher ebenfalls die persischen Naturverhältnisse repräsentiert. Die Exhalationen des Kaspi werden schon im vor-[p.373:] lagernden. Gebirge (Höhen bis über 2280 m) niedergeschlagen und kommen nur dem östlichen Gehänge zu Gute. Bis fast zu solcher Höhe steigt dort aber auch die Baumgrenze (2130 m ) und lässt also nur geringe Breite für die subalpine Wiese. Andererseits participieren die noch reichlich 150—200 m höher, aber westlicher gelegenen Grenzhöhen vom Küsjurdi und Marajurt nur wenig am feuchten Küstenklima Lenkorans und. wird auf ihnen überdies die magere alpine Wiese alljährlich zu stark abgeweidet.

Alpine Flora der Ararate. Auf den beiden Zwillingsvulkanen (Ararate) finden wir die denkbar schlechtesten Bedingungen für das Gedeihen der subalpinen Flora. In ihrer großartigen Isolation erreichen sie auf der mittleren Araxesstufe von 830 m hoher Basis (Aralych) in regelmäßiger Kegelform ansteigend, als Kulminationsgipfel auf der Euphrat-Aras-Wasserscheide die eminenten Höhen von 5156 m und 3914m. Lockere Tuffe, Bimsstein,, poröse Laven, Schlackenreste, Andesite und Trachyte decken ihre Fronten, in den Barankas lagert vulkanische Asche, nirgends in größerem Umfange nahrhafte Erde. Die Jahrestemperatur an ihrem Fuße umfasst die Amplitude von reichlich 60° (Eriwan -f- 36,7, :— 24,5), der Niederschlag ist auf 158 mm (Aralych) reduziert. Nur in der geräumigen Einsattelung zwischen beiden Riesen, wo die ergiebige Sardarbulach-Quelle in 2310 m zu Tage tritt, können wir von einer guten unteren alpinen Flora sprechen, zugleich auch höher in 2380 m von den letzten Spuren des Baum- und Strauchwuchses (Betula alba und Berberis vulgaris). Solche Verhältnisse sind nicht geeignet, fette Hochwiesen und vorteilhafte Weideländer zu erzeugen. Während unseres Aufenthaltes (mit Dr. G. sievers) im Jahre 1871 vom 18. bis 25. August an der N.-Seite des Großen Ararat bis über 4400 m und an der Westseite des Kleinen Ararat bis zum Gipfel 3914m repräsentierte, sich d?e Flora freilich schon in ihrem Herbststadium, es wären jedoch in so bedeutenden Höhen zu dieser Zeit Spuren der alpinen Sommerflora soweit erhalten geblieben, dass man sie hätte erkennen können. Wo waren die .verschiedenen Kleearten und Wicken, welche die subalpinen Wiesen im Kaukasus überall bestehen? (Trifolium alpestre, canescens, spadiceum und Vicia variegata, V. tenuifolia etc.). Schon der Aufstieg zur W.-Seite des Großen Ararat, wo auf dem Göduk-Passe 1700m um diese Zeit Kurden ihr Lager noch hielten, belehrte uns über den ausschließlich xerophilen Vegetationscharakter dieser Gegend. Vom Rande der ausgedehnten Aralych-Lachen, die im tertiären Sandstein gebettet das durchsickernde Wasser des Großen Ararat aufnehmen, kommt man bald in die Felsenmeere dunkler trachytischer Gesteine. Chaotisch türmten sich die Blöcke auf. Sie sind hart und scharfkantig, die seit Jahrtausenden darauf prallende Sonne und der wenige Regen haben ihre Oberfläche kaum angegriffen. Ihre Verwitterungsprodukte waren so gering, dass sie keine Erde bildeten. Ärmliches Gesträuch von Rhamnus spathulifolius drängt sich hier und da aus den Vertiefungen hervor. In toter [p.374:] Felsenwüste bewegt man sich und steigt zum Göduk-Rücken heran. Da empfängt uns vergelbte Stipa-Steppe, diesmal durch Stipa Szovitziana gebildet, hier und da fleckenweise von Festuca-Rasen unterbrochen, von Kochia prostrata und Chondrilla juncea durchsetzt. Ganz dünn ist der Schleier, hell lila rötlich, welchen die Blüten von Scabiosa ucrainica über die Stipa-Hochsteppe werfen, so licht ist er, weil das schwache Geäste der Pflanze spirrig breit auseinander trieb und die Kronen nicht groß sind. An anderen Stellen erhielten sich noch Gruppen von Lepidium vesicarium und Gypsophila paniculata und als besonderer Schmuck für diese fahlfarbige Flora kommt Helichrysum undu-latum in Betracht. Wir sehen also, dass entsprechend dem trockenen Klima vorwaltend Steppenformen in diesen Höhen wachsen, und in Bezug auf die Stipa-Steppe (St. Szovitziana) muss ich bemerken, dass sie auch westlich vom Ararat auf der Strecke bis zum Balyk-göl-See (2250 m) große Strecken fast ausschließlich bedeckt, während ich unten im Araxesthale St. capillata überall, aber nirgends in Masse fand.

Auch bei dem weiteren Aufstiege von W. nach O. an der N.-Seite des Großen Ararat fehlten die charakteristischen subalpinen Species fast ganz. Die Rasenbildung war mangelhaft, sie wurde meistens durch hartes Festuca-Gras und in den höheren Lagen durch Carex tristis und Luzula spicata gebildet. Bis zum kleinen Trichtersee Küp-göl, der vom breiten Gletscherfuße der N.-Seite des Großen Ararat nur durch einen nicht hohen Wall getrennt ist und in 3444 m Meereshöhe liegt, habe ich nirgends subalpine Vegetation im kräftigen kaukasischen Charakter angetroffen. Nur an einem verlassenen Kurdenlager hatte sich die Brennnessel (Urtica dioica) in großer Kolonie noch in 2740 m niedergelassen. Auf der ganzen Tour war sie die einzige dunkelgrüne, großblättrige Pflanze, denn Rumex obtusi-folius war ihr nicht gefolgt, wie das sonst in der subalpinen Zone des Kaukasus überall .der Fall ist.

Der Platz am Küp-göl ist in botanischer Hinsicht sehr interessant. Ein notdürftiger Gramineen-Rasen — an welchem sich außer Festuca ovina durius-cula, F. rubra, .F. polychroa, Bromus variegatus, Poa araratica, Alopecurus vaginatus, Sesleria phleoides, auch Carex tristis und Luzula spicata beteiligten, während dem Wasser näher Colpodium fibrosum und C. Steveni standen — verdeckte das fein zertrümmerte vulkanische Gestein einigermaßen. Silene saxatilis, Taraxacum crepidiforme und Chamaesciadium flavescens durchsteppten diesen harten Boden. Zwischen ihnen tauchten überall, niedrig bleibend, die zierlichen Blütenköpfchen von Erigeron pulchellus, von Anthemis iberica und Pyrethrum caucasicum auf. Dazwischen schon die gesonderten Gruppen von Campanula Ledebourii, vereinzelte Pedicularis araratica, wenige Zoll hohe Veronica gentianoides. Überragt wurde diese alpine Flora von Pimpinella Saxifraga und dem reichblühenden Hedysarum obscurum. Seitwärts, wo die entblößten Felsen anstanden, wucherten Nepeta supina und Lamium tomentosum und den Spalten entnahm ich Cystopteris fragilis, welcher Farn in dieser bedeutenden Höhe wohl das Maximum seiner Vertikalverbreitung gefunden haben mag. Besonders [p.375:] erwähnt muss noch werden, dass sowohl stachlige Arten von Astragalus (A. coarctatus) als auch A. xerophilus und A. incertus in der Nähe des Küp-göl gesammelt wurden. Der Carexrasen steigt als geschlossene Vegetationsnarbe fleckenweise noch bedeutend höher am Steilgehänge des Großen Ararat.

Erst in reichlich 3660 m löst sich die Flora in ihre Elemente auf und der Charakter der hochalpinen Zone tritt mit jedem weiteren Schritte immer deutlicher hervor, bis wir, zuletzt schon auf dem Firn wandernd, an den daraus hervorragenden porösen Lavafelsen noch in 4358 m Draba araratica und Pedicularis araratica in samenreifen Exemplaren finden (vergleiche oben, S. 317).

Der Vollständigkeit halber möge hier das Verzeichnis der von mir an beiden Araraten gesammelten Arten folgen (20. Aug. 1871).

Grofser Ararat. Draba bruniifolia Stev. .

» araratica Rupr., beide Ararate.

Didymophysa Aucheri Boiss. ;

Lepidium vesicarium L., Göduk.

Silene Aucheriana Boiss. var. Hohenackeri Boiss.

» caucasica Boiss.

» saxatilis Sims., Küp-göl. '

» dianthoides Pers., Küp-rgöl, beide Ararate.

Gypsophila paniculata L., Göduk.

Alsine Villarsii Mert. et Koch, Küp-göl, beide Ararate.

» aizoides Boiss., Küp-göl.

Cerastium trigynum Vill., Küp-göl.

» purpurascens Adam var. subacaulis Trautv. et var. tenuicaulis Trautv.

» araraticum Rupr. var. glabrata Trautv., beide Ararate. »

» lanugmosa Trautv.,)

Astragalus xerophilus Ledeb., Küp-göl, beide Ararate.

» coarctatus Trautv., Küp-göl.

» incertus Ledeb. var. bicolor Trautv., Küp-göl.

Hedysarum obscurum L., Küp-göl.

Potentilla sericea L. var. dasyphylla Trautv.

» subpalmata Ledeb. .

Sibbaldia procumbens L. = parviflora W., Küp-göl.

Sedum tenellum M. B., beide Ararate. '

Saxifraga Hirculus L.

» museoides Wulf, Küp-göl, beide Ararate.

» exarata Vill., Küp-göl, beide Ararate.

Chamaesciadium flavescens C. A. M., Küp-göl.

Pimpinella saxifraga L., Küp-göl.

Heracleum pastinacifolium C. Koch, Küp-göl. .

Erigeron pulchellus DC, Küp-göl.

[p.376:] Anthemis iberica M. B., Küp-göl.

Pyrethrum caucasicum W., Küp-göl. . : .

Artemisiä splendens W,

Helichrysum uhdulatum Ledeb., Göduk.

» aurantiacum Boiss. et Huet, Küp-göL

Centaurea montana L. var. albida DC, Küp-göl,

Chondrilla juncea L. var. spinulosa G Koch, Göduk.

Taraxacum crepidiforme DC., Küp-göl.

Campanula tridentata L. var. pubiflora Trautv., beide Ararate.

» Ledebourii Trautv., Küp-göl.

Androsace villosa L. typ. Trautv., beide Ararate.

Veronica telephiifolia VahL

» gentianoides Vahl, Küp-göl.

Pedicularis araratica Bg., Küp-göl.

Ziziphora clinopodioides Lam. var. dasyantha Ledeb., Küp-göl.

Nepeta supina Stev., Küp-göl. ,

Lamium tomentosum Willd., Küp-göl.

Kochia prostrata Schrd., Göduk.

Oxyria reniformis Hook., Küp-göL

Luzula spicata DC. var. compacta E. Mey.

Carex tristis M. B., Küp-göl.

Festuca ovina L. var. duriuscula Koch, Küp-göL

» polychroa Trautv.

Bromus variegatus M. B. var. pubescens Trautv., Küp-göl.

Poa araratica Trautv., Küp-göl.

Colpodium fibrosum Trautv., Küp-göl.

» Stevenii Trin. ,

Sesleria phleoides Stev., Küp-göL

Stipa Szowitziana Trin., Göduk.

Alopecurus vaginatus PalL, Küp-göl.

Cystopteris fragilis Bernh., Küp-göl.



Vom Kleinen Ararat wird diese Sammlung durch folgende Arten erweitert:

Berberis vulgaris L. var. integerrima Trautv., Sardar-bulach.

Arabis albida Stev.

Dianthus Liboschitzianus Ser. = petraeus M. B.

Alsine recurva Wahl. var. nivalis Boiss.

> juniperina Fenzl.

Hypericum hyssopifolium Vill.

Oxytropis albana Stev.

Astragalus sphaerocalyx Ledeb.

Vicia ecirrhosa Rupr.

Onobrychis viciifolia Scop.

[p.377:] Alchemilla sericea Willd.

Rubus saxatilis L.

Crucianella aspera M. B.

Intybellia glareosa Schott, et Kotschy, in den Barankas.

Gentiana caucasica M. B.

» verna L. Myosotis silvatica Hoffm.

Ziziphora clinopodioides Lam. var. canescens Benth., Sardar-bulach.

Lallemantia canescens F. et M.

Scutellaria orientalis L., fast Gipfelhöhe.

Polygonum paronychioides C. A. M. -

Betula alba L. typica, Sardar-bulach. Juniperus communis L.



Der Vollständigkeit wegen gebe ich hier noch das Verzeichnis der Pflanzen, welche abich und parrot am Noahberge sammelten.

Ararat-Pflanzen von ABICH gesammelt und von A. BUNGE bestimmt (Leider fehlen genaue Orts- und namentlich Höhenangaben. ? fraglich in der Bestimmung, lassen sich nach BOISSIER's Flora orientalis nicht placieren.)

1. Großer Ararat.

Draba globifera Ledeb. = D. olympica Sibth. ß brunüfolia Boiss.

Dianthus campestris M. B.

» crinitus Sm.

Cerastium latifolium L.

Hypericum armenum Jaub. et Spach.

» hyssopifolium Vill., unten.

Tribulus terrestris L., unten.

Rhamnus Pallasü F. et M., unten.

Trifolium montanum L.

Oxytropis albana Stev.

Astragalus macrocephalus W., unten.

» lagurus W., unten.

Onobrychis gracilis Bess.

Sempervivum montanum L. (?)

Saxifraga sibirica L. .

» muscoides Wulf.

Scabiosa ucranica L.

Aster amellus L. y

Erigeron uniflorum L.

» pulchellum W.

» acre L. ß podolicum =. ß confertum Boiss.

[p.378:] Anthemis iberica M. B.

Achillea micrantha M. B., unten.

Xeranthemum radiatum Lam. = X. annuum L., unten.

Podospermum canum .C, A. M. = Scorzonera Jacquiniana Koch.

Campanula Aucheri DC.

» Stevenii M. B.

Phyteuma campanuloides M. B.

Gentiana verna L. ß alata Grisb.

» , septemfida Pall.

Myosotis caespitosa Schultz.

> silvatica Hoff, ß alpestris Koch.

Veronica gentianoides Vahl.

Pedicularis araratica Bge.

Scutellaria orientalis L.

Atriplex laciniatum L. (?), unten.

Polygonum polymorphum Ledeb. ß undulatum Ledeb. = P. alpinum Alb.,

Allium Schoenoprasum L.



2. Kleiner Ararat und Sattel zwischen beiden, Sardar-bulach-Quelle.

(Die vom Schuttlande bei Achuri und noch tiefer für das Araxes-Thal aufgeführten Arten schließe ich in diesem Verzeichnisse aus.)

Berberis vulgaris L.

Turritis glabra L.

Gypsophila paniculata L.

Silene inflata Sm.

» viscosa L.

» vallesia L. ß caucasica = S. caucasica Boiss.

Dianthus atrorubens All.

» Liboschitzianus Ser.

Arenaria graminea C. A. M.

Medicago sativa L.

Trifolium trichocephalum M. B.

Lotus corniculatus L. y hirsutissimus Ledeb.

Epilobium angustifolium L. = E. spicatum Lam.

Sedum Telephium L. var., wahrscheinlich S. maximum Sut.

Bupleurum foliatum L. (?).

Asperula humifusa M. B.

Galium verum L.

Cephalaria procera F. et M.

Solidago virga aurea L.

Pyrethrum myriophyllum C. A. M.

Artemisia austriaca Jacq. d orientalis.

Helichrysum Orientale Tourn. (?)

[p.379 Senecio rapistroides DC. = S. vernalis W. K.

Centaurea pulcherrima W. = Aetheopappus pulch. W.

Hieracium umbellatum L.

Campanula glomerata L.

Gentiana caucasica M. B.

Heliotropium europaeum L.

Onosma hebebullum DC. (?)

Rindera eriantha Ledeb. (?)

Euphrasia officinalis L.

Orobanche pruinosa Lapeyr. = O. speciosa DC.

Thymus nummularius M. B. = T. serpyllum L. y nummularius Boiss.

Salvia silvestris L.

Ziziphora clinopodibides L.

Nepeta racemosa Lam.

Acantholimon glumaceum Jaub. et Sp.

Blitum virgatum L.

Rumex crispus L.

Allium caucasicum M. B. (?)

Hordeum murinum L.

Triticum prostratum L.

Brachypodium distachyum L. (Bromus).



Alle die aufgeführten sind in der Zone von 2130 bis höchstens 3050m gesammelt worden.

In dem Werke fr. PARROT's, Reise zum Ararat, finden wir im ersten Teil pag. 183—184 nur wenige Pflanzenarten vom Grofsen Ararat erwähnt. Sie wurden von LEDEBOUR bestimmt. Es sind folgende:

In 3650—3960m Höhe:

Cerastium Kasbek Parr. Saxifraga muscoides Wulf.

» Hirculus L. Aster alpinus L.

» pulchellus W. = Erigeron pulchellum W.

Draba incompta Stev.

Arenaria recurva All.

Campanula saxifraga M. B.

> rupestris M. B. = C. tridentata Schreb. » caespitosa (?).

Pyrethrum caucasicum W. Tragopogon pusillum M. B.

[p.380:]

In 3050m Höhe mit .den obengenannten noch:

Anthemis rigescens W.

Ziziphora media (?).

Scorzonera coronopifolia (?).

Veronica telephiifolia Vahl.

Dianthus petraeus M. B. = D.

Liboschitzianus Ser.

Statice echinus M. B. (?)

Hedysarum caucasicum M. B.

Trifolium trichocephalum M. B. .

Pulsatilla albana Stev. ß,

Centaurea pulchefrima W.

> ochroleuca W. = C. axillaris W. ß.

Juniperus Oxycedrus L., tiefer unten.

Cotoneaster uniflora (?), desgl.



Der Beginn der Vegetationsperiode im Hochgebirge; Blüten der Wiesenformation. Lange schon zog in die kaukasischen Tiefländer der Frühling ein, aber hoch oben im Gebirge herrscht noch der tiefste Winter. Von den Steppen verschwand der letzte Schnee schon Anfangs März. Zarte Liliaceen und winzige Cruciferen erwachten und schmückten die Ebene mit ihren Blumen. Im kolchischen Tieflande verblühte das pontische Rhododendron, der Kirschlorbeer, Staphylea und Leucoium aestivum. In den Sümpfen des Phasis rinden zu dieser Zeit allabendlich betäubende Konzerte der Frösche statt. In dieses frische Frühlingsleben mit seinem vielfarbigen Blumenteppich, seinem Vogelsang, starrt allseitig oben vom Gebirge der kalte, weiße Winter. Wohlthätig trennt die breite tiefere Waldzone, kaum im Saft treibend, das Reich des Todes der kaukasischen Hochalpen von dem jauchzenden Leben der Tiefländer. Zeit und Sonne siegen. Es beginnt oben die Schneeschmelze, unten reiften schon die Schötchen an den zierlichen Kreuzblütlern, der Laubwald legt nach und nach sein brillantes, dichtes Sommerkleid an, aber das geht nur langsam vor sich, zwischen der Rotbuche unten am Pontusufer und ihrer "Schwester oben in Adsharien liegen gute 2130 m Höhenunterschied. Diese, unten, trägt ihr Kleid etwas dunkler volle 8 Monate, jene oben an der Baumgrenze kaum fünf. Diese, unten, lebt behäbig im geschlossenen Hochwalde, den selbst der Sturm nicht schädigt; jene, oben, wird oft in ihrer Existenz bedrängt vom heulenden Orkan, der über sie fortraste und sie kahlköpfig machte. Diese, unten, kennt den dauernden Schnee nur vom Hörensagen; jene, oben, wird alljährlich von ihm für 4—5 Monate fadenhoch eingebettet. Nun aber leckte die Sonne die letzte Spur davon fort. »Der Mai ist gekommen« Der hohe Horizont, zu dem wir aufschauen, weist in den 2130—3050m Höhen nur noch breite, weiße Flankenstreifen und tief eingreifende Schneeschründe, während des Winters eingewehte Halden und Böschungen auf. Nach unten hin erscheint das Gebirge bis zur Baum- [p.381:] grenze, aus der Ferne betrachtet, dunkel, einfarbig, fast schwarz, nach oben setzt sich, mehrfach schon unterbrochen, die oft wellenförmig angeschwollene Hdrizontcontour mit breitem, weißen'Strich gegen das reine Blau des Himmels ab. So überall im Antikaukasus, dessen Randhöhen selten 2740 m übersteigen. Anders in der Hauptkette. Da beherrscht das Reich des winterlichen Schlafes auf den Gipfelhöhen von 4300—5600 m und den Pässen von 3050—3650 m ein weites in der Kammzone zusammenhängendes Gebiet, dem sein kurzer Frühling erst im Hochsommer kommt, wenn in der staubigen Steppe kein frisches. Grün mehr zu sehen ist und sie in Sonnenglut verschmachtete. Kurz ist die Lust am Leben in jenen Gletscher- und Firnregionen, aber sie ist intensiv. Nur 6—8 Wochen Zeit hat ah den höchsten Standorten eine hochalpine Alsine, ein Cerastium, eine Pedicularis-oder Draba-Art, um die Sonne zu schauen und in bewunderungswürdiger Hast mit dem Cyclus ihres oberirdischen Lebens fertig zu werden. Denn erst im Hochsommer, Anfangs Juli, wird sie an ihren höchsten Standorten vom dauernden Schnee befreit und oft deckt der neue sie schon nach reichlich Monatsfrist. Gewöhnlich nämlich fällt der erste Schnee im kaukasischen Hochgebirge in der zweiten Hälfte des August, bisweilen schon zwischen dem 10.—15. dieses Monats.

Wie in den Tiefländern so eröffnen auch in der subalpinen Zone etliche Muscari- und Gagea-Arten die Frühlingsflöra. Jene erheben ihre in gedrängten Walzen- oder Kolbenformen stehenden Glockenblümchen vom schwarzen Boden, über welchem das Schneewasser am Tage langsam abfließt Auf diesem durch-nässten, fetten Boden sieht es, nachdem die Schneedecke verschwand, recht unordentlich aus. Unter ihrem Drucke brachen bei offenen Lagen die vorjährigen, rasenbildenden Krauter zusammen. Da liegen die Reste von üppiger Alchemilla, Pedicularis, Betonica, zusammengeknickte Silenen und Melandryum erkennt man, auch die vergilbten Leichen von Gymnadenia conopea, von Campanula collina und Polygonum Bistorta. Dazwischen streckt sich hier und da ein abgerundeter Flecken von ausdauerndem Carex in graubrauner Färbung und Luzulapolster, deren Grün sich gut erhielt. Alltäglich wäscht das überall rieselnde Schneewasser solche Gehänge da ab, wo es sich keine festen Laufbahnen schaffen konnte. Da die Richtung, in der das Wasser abfließt, immer dieselbe ist, so fügt sich ihr die überwinternde, tote Bodenflora. Man sieht das deutlich an den Gramineen- und Carex-Gruppen, ihre abgestorbenen Halme lagern samt den Blättern alle in der Richtung des forteilenden Wassers, und falls die betreffenden Bergkuppen sich steil senkten, so erscheinen sie wie abgekämmt. Erst wenn die Schneeschmelze aufhört und der Rasen neu treibt, wird dieser Eindruck nach und nach beseitigt. In der Nacht ist es noch kalt, es friert sogar. Am Tage stellt sich die Thätigkeit des Wassers wieder ein, was lose dalag, wird, wenn nicht zu schwer, fortgeschwemmt und häuft sich unten am Thalrande an. Dort packt es am Abend der hoch angeschwollene Bach, wenn ihm allseitig die Schneewasser zuflössen und ihn bis um Mitternacht rasch anwachsen, dann, aussetzend, bis zum nächsten Mittag sein Niveau ebenso [p.382:] rasch fallen lassen. An anderen Stellen, so in sanften Böschungen mit südlicher Lage, hatte der Schnee keine solche Macht geübt, es zehrt an seiner Decke die Sonne mit größerer Kraft und vermindert auch während des Winters" ihre Dicke und ihr Gewicht. Da erhielten sich die robusteren Formen, namentlich die Cirsien, Cephalarien und, soweit sie im Gebirge heransteigen, die kaukasische Lilie (L. monadelphum) und Veratrum album vortrefflich. Auch die charakteristische Scabiosa caucasica trägt noch die toten, großen, in bläulicher Färbung abgeblassten Blumen, welche von den Nachtfrösten Ende August im vorigen Jahre überrascht wurden.

Jenen erwähnten Muscari-Arten, — von denen M. racemosum die weiteste Verbreitung in der Vertikalen hat (o—2280 m), das großglockige, fast schwarzblütige M. pycnanthum aber am seltensten und nur im Antikaukasus bis jetzt gefunden wurde (außer ihnen noch M. pallens und M. botryoides) — gesellen sich bald etliche Frühlings-Draben zu. Das sind Draba nemorosa, tri-dactyla und siliquosa. Zarte Gagea Sp. stehen in ihrer Nähe: Gagea Liottardii, reticulata, pusilla. Zeitgenossen derselben sind an manchen Stellen schöne Fritillarien (F. latifolia und F. lutea), an anderen sammelte ich Schneeglöckchen (Galanthus Redoutei und G. latifolius). Dem Westen gehört auch das schmucke Erythronium dens canis, dem Osten, soweit bis jetzt bekannt, Puschkinia scilloides an. Je nach der Höhe ihres Standortes wird für diese Pflanzen die Blütezeit bestimmt. Die Zwiebelgewächse kann man an ihren höchsten Fundorten bis Ende Juni blühend antreffen, die genannten Draben bis Ende August. Nun treten die Ranunkeln in Aktion. An den Rändern der Bäche konnte man schon bei Beginn der Frühlingsflora Caltha palustris beobachten. Die Kuhblume, typisch und in der Var. polypetala, folgt ihren Läufen abwärts bis zum Fuße des Gebirges, aufwärts bis 2800 m, oben hat sie zum treuen Gefährten Cardamine uliginosa und C. Impatiens, Petasites alba und P. vulgaris. Wenn sie hart am Rande des krystallhellen Quellenwassers, welches murmelnd der Tiefe zueilt, breite dottergelbe Bänder mit ihren vielen großen Blumen über das dunkle, aber leuchtende Grün ihrer Blattflächen legt, lösen sich, vom Pappus getragen, schon die Samen der genannten Petasites-Arten. Mit dem Ende der Schneeschmelze und dem Abtrocknen des Gehänges beginnt die Entwickelung des neuen Rasens. Damit geht es sehr schnell, alles ist dazu vorbereitet, das Erdreich durchfeuchtet, die darin gebetteten Wurzeln saftstrotzend, ihr Trieb mächtig, die Sonne wirkt mit täglich wachsender Kraft. Alles keimt und treibt, die Klee- und Lotus-Arten, die Alchemillen und Gramineen bauen ihre Polster rasch. Ajuga orientalis, fast wollig weiß behaart, durchbricht mit den stumpfkolbigen Blütenstaüden den Boden, etliche Pedi-cularis-Arten thun dasselbe. Die Rosetten der Grundblätter von Veronica gentianoides bilden sich aus. Schon rollen sich die von Aquilegia olympica und Thalictrum majus und foetidum hart über dem Boden auf, der Kopfrand des zolldicken, alten Rhizoms von Chamaesciadium flavescens umkränzt sich aufs Neue mit den fein zerschlissenen Blattsegmenten, die an kräftiger Mittelrippe sitzen, und wie diese acaule Umbellifere gleichsam den Boden durch- [p.383:] steppt, so thun ein Gleiches auch die winzigen, aber überall auftretenden Car-vum- und Cnidium-Arten. Auch die graugrünlichen Triebe der weitverbreiteten Berg-Centaurea (C. axillaris) [Anm.: trautvetter bestimmte diese Centaurea von allen meinen Sammelplätzen stets als C. montana, welche ihr außerordentlich nahe steht.] sind schon zu erkennen und ebenso diejenigen von Betonica grandiflora und Rhynchocorys Elephas. Aber allen voran eilen die Anemonen und Ranunkeln. An den Vertretern der ersteren ist der Kaukasus nicht reich. Summieren wir alles, was an Anemonen auf unserem weiten Gebiete bis jetzt bekannt geworden ist, und schließen mit BoiSSlER Pulsatilla mit ein, so kommen wir doch nur auf 7 Arten, wobei die Varianten von Anemone albana (violacea, armena, andica, flavescens) und von A. narcissiflora die var. chrysantha und subuniflora artlich nicht getrennt werden. Von diesen kommen überdies noch zwei, A. ranunculoides und A. caucasica, an viel tieferen Standorten vor. Anders steht es mit den Ranunculus-Arten. Die neueren Forschungen haben die Suite derselben für die alpine Zone schon bis auf reichlich 20 Arten gebracht.

Nun ist der subalpine Rasen geschlossen. Eine freudig grüne, gleichmäßige Grundfarbe deckt die Halden. Die dottergelben Blumen verschiedener Ranunkeln- punktieren dies saftige Grün, noch erheben sich die kräftigen Blumenpunkte nur wenig vom Boden, noch sind sie vereinzelt. Die ersten Blüten von R. Villarsii, R. caucasicus, R. grandiflorus, R. Kotschyi und andere zeichnen unregelmäßige gelbe Muster, es fehlt dem Teppich jetzt noch die Pracht der Farben. Allenfalls schiebt sich an feuchten Bodenvertiefungen ein größerer und höherer Fleck in reinem Schwefelgelb hinein, den malt blühender Trollius patulus, oder wir sehen anderweitig in Fußhöhe auf schwankendem Stengel die aufgedeckten Kronen von Anemone alpina var. sulfurea. Jene wenigen weißen Stellen werden durch die ersten Blüten von Cerastium pur-purascens markiert, und wo Anemone narcissiflora besonders stark trieb, öffnete auch sie zeitiger den fast doldigen Blütenstand. Nun haben wir nicht mehr lange zu warten. Alles schoss herauf, an vielen Stellen wird die Flora krautig, erreicht durchschnittlich Fußhöhe, aber bis jetzt trieben in ihr weder Cirsium noch Cephalaria oder Veratrum hoch. Das geschieht erst im Hochsommer, Anfangs Juli. Nun entfalten sich schöne Geranien und Betonica grandiflora hat die kolbigen, dichtgedrängten Blütenstände schon fertig. Ganze Abhänge erscheinen weiß, da herrscht Anemone narcissiflora. Es ist ein schweres Kreideweiß, oft untenher rosa abgetönt, welches diese Blumen färbt; viel zarter im Farbenton sind die großen Blüten von Cerastium purpurascens und C. multiflorum, welche an manchen Plätzen (Daralagös, Murad-tapa) ebenfalls namentlich die Ostseiten der Bergkuppen, wenn sie gute Erde tragen, vorwaltend bestehen. Dazwischen überall die türkisblauen Gruppen von Myosotis silvatica, welches in den unteren Lagen noch hochtreibt, ebenso wie Veronica gentianoides mit den milchblauen, großen Blumen. Übrigens möchte ich doch bemerken, dass, soweit meine Erfahrungen reichen, ich die Varietäten [p.384:] chrysantha und subuniflora von A. narcissiflora niemals mit der typischen Form zusammen fand. Sie haben höhere Standorte, sind viel seltener, subtiler gebaut und wurden von meyer und ruprecht artlich getrennt, was. gewiss mit ebenso großem Rechte geschah wie bei vielen anderen nahestehenden Formen.

Von der letzten Hälfte des Juni bis Mitte Juli wird der subalpine Blumenteppich immer bunter. Großblütige Geranien in intensiven rosa und violetten Farben (G. collinum, ibericum, silvaticum, Renardii und namentlich gymno-caulon DC. = amethystinum Ledeb.) sieht man überall. Daneben die derben, hellschwefelgelben Blütenköpfe von Trifolium canescens, die geringeren von T. alpestre und T. trichocephalum. Auch fehlt es nicht an Wicken, Vicia tenuifolia, Cracca, sepium, alpestris, ranken im Kraut, aus dessen immer frischem Grün sowohl Lotus als auch Coronilla cappadocica und C. varia in Gelb und Blassrosa hervortreten. Einen ganz besonderen Schmuck verleiht Macrotomia (Arnebia) echioides den subalpinen Wiesen. Gewöhnlich umstehen den Schlund der hellgelben Krone dunkelbraune, sammetweiche Augenflecken.

Die subalpine Wiese steht in hochsommerlicher Pracht. An den Anemonen reifen die Carpelle, an anderen die beschopften Früchte. Auf das üppigste schoss Betonica grandiflora ins Kraut und steht nun in voller Blüte, die großen, intensiv rosa bis licht karminroten Blumen, dicht in Quirlen gestellt, bilden fast Kugeln oder abgestumpfte Walzen von 3 Zoll Höhe bei reichlich 2 Zoll Durchmesser. Diese Betonica verleiht der botanischen Physiognomie in den unteren Lagen der subalpinen Zone den Grundzug. Stolz wird sie hier und da von Aquilegia olympica um das Doppelte in der Höhe überragt, ihre großen blauen Glockenblumen schauen abwärts. An manchen Stellen gruppierte sich Hesperis matronalis, ihre Blumen markieren den Standort im hellsten Rosa, zu ihren Füßen malte Galium Cruciata in der var. ß chersonense Boiss., die niedrig bleibt, gelbe Flecken. Überall treten aus der gedrängten, kräftigen Vegetation die Blüten von Ulmaria Filipendula, die weniger auffallenden von Melampyrum pratense und Silene saxatilis hervor, überall recken zierliche Carum- und Cnidium-Arten (Carum caucasicum und C. meifolium) ihre licht gebauten Dolden hervor, erreichen aber nur selten das Niveau der wuchernden Flora; ihre Lieblingsstandorte liegen höher in über 2740 m



Erklärung der Tafel. Die Photographie wurde von Herrn Kapitän margulow (Mingrelisches Regiment) angefertigt.

Im Vordergrunde fallen zunächst die großblätterigen Staudengruppen von Valeriana alliarii-folia auf. Links davon das Blattwerk von Cirsium macrobotrys. Rechts schiebt sich zum Centrum der Blütenkolben von Rumex obtusifolius über den Baldrian hervor. Obenher waltet das Blattwerk von Cephalaria tatarica vor.

Die Aufnahme wurde Anfangs August 1896 an der Südseite der adsharo - imeretischen Wasserscheide in 2000 m Meereshöhe gemacht (Sikar-Pass).

Ein solcher scharf ausgeprägter, tiefschattiger, weil dichtlaubiger Vegetationstypns verbreitet sich nur in den engen, feuchten, schwarzerdigen Einsenkungen resp. Einrissen des geneigten Bodens. Oberhalb und seitwärts davon entwickelt sich regelrecht das basalalpine Weideland, in welchem vereinzelt hier und da noch Hochstämme der Kiefer stehen und die äußersten Vorposten der Baumgrenze auch hier wieder ohne Beteiligung des Knieholzes bilden.



[p.385:] Zwei andere Schmuckpflanzen, ebenbürtig der Betonica, wenn auch anders gebaut, werden für die subalpine Wiese durch Rhynchocorys Elephas und Rh. orientalis geboten, reich- und großblütig heben sich die hochgelben Blumen vom eleganten Blattwerk der schlank aufstrebenden Stengel ab, die langen, gebogenen Helme verleihen den Kronen eine gewisse Leichtigkeit der Form. Weniger ansprechend sind jene Plätze, auf denen Rhinanthus major fast ausschließlich wächst, aber sie erinnern uns doch wenigstens an die nordische Wiese. Um eben diese Zeit treten an die Stelle von Pedicularis comosa und P. condensata zwei andere Arten ihres Geschlechtes: P. atro-purpurea und P. Wilhelmsiana. Jene ersteren beiden tragen in den tieferen Lagen bereits die Samenstände, die beiden anderen trieben die Blütenaxen aus dicht behaarten Hüllen hervor, als breite Kerzengestalten stehen sie meistens vereinzelt am Gehänge. Auch die beiden wertvollen Nutzpflanzen, welche die kaukasischen Alpen liefern, Pyrethrum roseum und P. carneum, würden wohl ein Recht auf unsere Gärten haben, nicht allein weil ihre Blumen groß und angenehm rosa bis intensiv solferino gefärbt sind, sondern auch als Kulturpflanzen. Die Versuche, welche Mr. RlLEY in Washington damit machte, gaben gute Resultate, den Samen dazu hatte ich ihm 1882 gesendet. Jedwedes schädliche und unangenehme Hausinsekt, von Fliegen und Schaben bis zum Floh und zur Wanze, geht an dem feinen Pulver, welches man aus den Blumenköpfen herstellt, zu Grunde.

Subalpine Flora nahe an der Baumgrenze. Treten wir schließlich noch einmal, bevor uns Rhododendron caucasicum beschäftigen wird, an eine der bevorzugten Stellen der subalpinen Zone, nahe der Baumgrenze. Das Terrain ist mäßig geneigt, durchweg benarbt, von schmalen Einrissen, die sich thalwärts zu tiefen Schluchten erweitern, durchsetzt. Wir befinden uns an der Südseite des Gebirges. Der geschlossene Wald löste sich auf. Einzeln versprengt stehen Kiefern (Pinus silvestris) weitläufig von einander getrennt, immer als Hochstämme. Hier und da eine Weißbirke, hier und da ein Lonicera-Strauch (L. caucasica), ein Wachholder (Juniperus comrnunis), ein Ebereschenbusch. Nirgends Knieholz, nirgends — hier an der Südseite — eine Spur vom alpinen Rhododendron. Wo die Straße das Gehänge durchschnitt und den Boden entblößte, sieht man roten Lehm unter der schwarzen Humuserde, deren Dicke in den Senkungen reichlich i Fuß beträgt. Hier und da auch nackter Felsen, aber nur in geringem Umfange. Gleich vor uns steht in der Vertiefung ein Massiv von Valeriana alliariifolia, tiefe Schatten lagern zwischen ihren mächtigen Blättern, man schaut ins Dunkel. Oben krönen die gedrängten weißen Dolden die Valeriana-Gruppe. Seitwärts von ihr strebten stachlige Cirsien hervor (C. macrobotrys, C. lanceolatum, C. simplex, C. munitum, C. obvallatum), wuchernde Alchemilla umgiebt sie. Ein wahrer lichter Wald von Cephalaria tatarica (s. Tafel) dehnt sich entlang dem Gehänge, 6—8 Fuß hoch sprossten die breit ausgelegten Blumenäste auf. Noch sind die Kronen an ihnen, wie auch an Knautia montana, die sich ihr anschließt, nicht geöffnet, dunkelgrün glänzende Köpfchen deuten sie an. Unten auf [p.386:] dem Boden, unter dem Schütze dieser Riesen, gesellt sich zu den schon erwähnten zwei Schmuckpflanzen die dritte, für die subalpine Wiese des ganzen Gebietes (mit Ausnahme vom Ararat und Talysch) sehr charakteristisch und ebenso schön: das ist Linum hypericifolium = L. hirsutum var. latifolium (BoiSS. suppl. pag. 138). Über Fußhöhe treiben zahlreiche kräftige Stengel aus dem perennierenden Rhizom, belauben sich mit sitzenden, breitlanzettlichen, hellgrünen Blättern in abwechselnder Reihenfolge und tragen oben die leichtbehaarte, breitästige Trugdolde mit den vielen fünf blättrigen Blumen, deren jede 1 1/2 Zoll Höhe erreicht, sich trichterförmig vor der Sonne öffnet, in zartem Rosa, etwas ins Lila stechend, gefärbt ist und an der Basis entweder reinweiß oder lichtgelblich erscheint. Höher am Abhänge machen sich vereinzelt noch manche Schönheiten bemerkbar, vor allen die ebenfalls dem subalpinen Gebiete überall zukommende Campanula collina, deren große, dunkelblaue Glocken gewöhnlich einseitig gestellt sind und etwas abwärts neigen. Sehr bescheiden nimmt sich in ihrer Nähe die zu Ehren STEVEN's benannte Art, C. Stevenii, aus, fast immer nur einblütig und blass. Die Blumenknäuel von C. glomerata und die einseitigen Blütenstände von C. rapunculoides wollen uns in dieser fremdartigen Blumenwelt nicht gefallen, aber auch sie haben den Vorzug, an den Norden — an die Heimat — zu erinnern. Blicken wir weiter um uns. Überall ragen die intensiv rosa gefärbten Walzen von Polygonum Bistorta aus dem Grün hervor, hier in der Nähe von blühender Cerinthe major macülata, deren bläuliches Blattwerk mitten im frischen Grün sich merklich hervorhebt, dort unter dem Schütze 3 Fuß hoher Achillea biserrata oder des noch mächtigeren Doronicum macrophyllum. An anderen Stellen machen etliche Senecio-Arten Eindruck. Zwischen den Astrantia-Gruppen drängte sich S. aurantiacus (pyroglossus) mit seinen mehr braunen als gelben Blumen hervor, auch S. renifolius und S. caucasicus werden bemerkt. Niedriger als diese blieb die weit verbreitete Scorzonera Jacquiniana, deren Blütezeit bis Anfang August dauert. Dagegen beginnen erst im Juli die beiden reizenden Inula sp., I. grandiflora und I. glandulosa, ihre großen Blumen zu erschließen und bleiben auch im Verein mit der schönsten aller -Scabiosen, S. caucasica, im Herbst in .bedeutenden Höhen lebensfrisch. Nicht vergessen darf ich jenen tiefen Einriss des Bodens mit geringem Quellengrunde. Da siedelte sich Symphytum asperrimum mit Vorliebe an und bildet einen schmalen, aber aufwärts ausgedehnten festen Komplex, aus dessen dunkelgrüner Oberfläche die dichtgedrängten, großen, blauroten Blumenbündel an den-Spitzen der Stengel hervortauchen. An sokhen Stellen steht auch am liebsten Telekia speciosa, 4—6 Fuß hoch, meistens vereinzelt, mit fußlangen unteren Blättern, deren Rand grob gezähnt ist, und mit den großen, gelben, spitzständigen Blumen die imposanteste und schönste aller Compositen des Kaukasus.

Aus allem, was ich bisher über die subalpine Vegetation sagte, wird der geneigte Leser sich hoffentlich ein richtiges Bild von dieser Flora vorstellen können. Ich will ihm dasselbe aber noch durch eine der schönsten Pflanzen, [p.387:] die zugleich für den Kaukasus mit Einschluss von Anatolien westwärts und Gilan ostwärts endemisch ist, verzieren. Ich schwieg bis jetzt absichtlich von ihr, sie soll der botanischen Physiognomie den Adel edelster Schönheit verleihen. Es handelt sich um Lilium monadelphum (L. Szovitsianum, L. col-chicum). In den Höhen, wo wir jetzt sind, die wenig begangen werden, existiert sie noch ungestört, tiefer wurde sie streckenweise wenigstens fast ausgerottet, da ihre Zwiebeln früher für den Handel sehr gesucht wurden. Die kräftigsten Exemplare ohne Kultur tragen selten mehr als 12 Blumen, oft nur 3—4; in schlanker Säulenform besteht sie die Höhen bis zu 2130 m , nie gedrängt, bisweilen in Gesellschaft von Cephalaria tatarica, meistens die niedrigeren Stauden überragend. Aber, obwohl hier oben zur vollen Geltung kommend und dem Florenbilde den höchsten Glanz verleihend, so sind mir ihre tieferen Standorte fast noch lieber. Sie blüht dort früher, gleichzeitig mit Philadelphus coronarius, und viel isolierter. So fand man sie früher im Randgebirge in den Thälern, die rechterseits in den Cyrus fallen, in 780 m über dem Meere (Borshom). Lichter Buchenwald gab ihr Halbschatten, in ihrer Nähe standen auf schwarzer Erde Gruppen von Saxifraga rotundifolia, nur geringe Vegetation deckte diesen nahrhaften Waldboden, dem überall das Philadelphus-Gebüsch entwuchs. — Still ist die Nacht, nur das leise Rauschen des Bergwassers singt. Betäubender Duft entströmt den Blumen beider Pflanzen, er füllt das Thal allseitig. Leuchtkäfer ziehen Feuerfäden in die Dunkelheit und erhellen, wenn sie in die Nähe der Lilienkronen kommen, momentan ihr unvergleichliches Antlitz.

Es giebt noch einen zweiten, vornehmen Schmuck unter den hochwachsenden, großblumigen Pflanzen im Bereiche der subalpinen Wiese, er fällt sehr in die Augen, aber er kommt nicht überall vor. Ich meine Papaver Orientale. Fast scheint es, dass er der Hauptkette überhaupt fehle, jedenfalls wenigstens dem östlichen Teile, doch führt auch albow, der doch jahrelang das kolchische Gebiet bereiste, diese Art nicht auf. Über das ganze Gebiet .verbreitet, wenn auch nicht häufig ist der in Blumenfarbe und Größe geringere P. lateritium [Anm.:P. monanthum Trautv., von mir 1865 auf dem Schambobel bei Achalzich entdeckt, wird neuerdings nur als var. y subacaulis von P. lateritium betrachtet.], welcher sogar bis in die Hochalpen steigt, während P. bractea-tum bis jetzt nur von der Nordseite der Hauptkette nachgewiesen wurde. Am häufigsten und kräftigsten fand ich P. Orientale hoch im westlichen Karabagh auf den schon erwähnten Wiesen bei Ochtschi und westlich davon im Dara-lagös-Gau. In der That gewähren die großen, leuchtend mennigroten Blumen einzeln schon und noch mehr, wenn an alten Pflanzen ihrer mehrere gleichzeitig sich erschlossen, einen reizenden Anblick, namentlich für die Fernsicht, da sie sich überall vom saftigen Grün der Krautwiese in 2—3 Fuß Höhe scharf in reiner Farbe abheben.

Rhododendron caucasicum [Anm.: Siehe Titelbild.]. Bevor wir in die hochalpine Zone steigen, müssen wir die großen Kolonieen von Rhododendron caucasicum nicht etwa [p.388:] durchschreiten, denn das ist sehr schwer, sondern an ihren Rändern umgehen. Ich habe in dieser Abhandlung mehrfach schon von dieser Alpenrose des Kaukasus gesprochen, ihre östlichste Verbreitungsgrenze und ihre Breitenzone in der Vertikalen von 1830—3050 m angegeben. Betont muss werden, dass sie auf das entschiedenste die Südseiten meidet; wo sie bis zur Kammhöhe eines Grates an der Nordseite heransteigt, zieht dieser ganz gewiss die Grenze, und zwar mit mathematischer Genauigkeit. Nicht so difficil ist diese Pflanze in Bezug auf die W.- und O.-Expositionen, namentlich wenn es sich dabei um enge, feuchte Schluchtenthäler handelt. Wo die Lagen offener sind, wird, soweit meine Erfahrungen reichen und soweit sie mir durch etliche Forstbeamte bestätigt werden, der gegen W. zugekehrten Seite der Vorzug gegeben. In physiognomischer Hinsicht ist es eine eigentümliche, äußerlich fest abgeschlossene, ernste Welt, die uns in den düsteren, stillen Rhododendron-Beständen, oft in großer Ausdehnung, entgegentritt. Mitten in frische, farbenreiche, blütenschwere subalpine Kräuterwiese ist sie eingebettet und folgt ihr aufwärts bis an ihre Grenzen, da, wo sich das enge gesellschaftliche Zusammenleben auflöst und die Arten und Individuen sich trennen. Unter alljährlichem, schwerem Schneedrucke beugt sich die Alpenrose zu Boden, erhebt sich kaum von 3—5 Fuß, kriecht mit derbem, glattem, oft ineinander verschlungenem Geäste fort und baut ihr dauerhaftes, immergrünes Laubdach oft sternförmig unter den Blütenknospen so dicht auf, dass die dadurch gebildete Decke den Boden voll beschattet. Dadurch mag die Reinheit der Rhododendron-Bestände, d. h. die Armut ihrer Bodenflora, mit erklärt werden. Alles was draußen in nächster Nähe so schön blühte, selbst das aufdringliche Veratrum album, bleibt vor den Rhododendron-Rändern wie vor einer Wand stehen. Nur der schüchterne Sauerklee (Oxalis Acetosella) und allenfalls Vaccinium Myrtillus werden samt wenigen Moosen im Schatten jenes Laubdaches geduldet. Dieses lederdicke Laubdach ist obenher dunkelgrün, leicht ins Schwärzliche ziehend und matt wachsglänzend. Die untere Seite der breit lanzettlichen, abgerundeten Blätter wird von rostfarbenem Filz dünn bedeckt. An trockneren Standorten, so auch im östlichen Teil des Verbreitungsgebiets, werden die Blätter kleiner und legen sich an den Rändern etwas nach unten

Erklärung der Tafel. Unterer Rand der geschlossenen Rhododendron-Bestände mit üppigster subalpiner Vegetation. — Im September 1896 nahm Sg. sella dieses Charakterbild in 2750 m Meereshöhe am Ostabhange des Gul oberhalb von Mestia (Hoch-Suanien) auf. Es führt uns an den unteren Rand der Rhododendron - Zone. Zu ihm treten in üppigster Entwicklung außer Rumex obtusifolius — jetzt in Samen — die stattliche, 6—7 Fuß hohe Telekia speciosa, deren große, dottergelbe Blumen endständig auf dem steilverzweigten Stengel stehen. Ihr mächtiges Blattwerk wirft vielerorts vollen Schatten auf den Boden. Da gedeiht üppig Asplenium filix femina, deren Wedel sich zum Lichte hervordrängen. In den oberen Partieen dieses Bildes sieht man vielfach die noch nicht flach ausgelegten jungen Blatttriebe von Rhododendron caucasicnm, die ganze Höhenlinie unserer Zeichnung wird dadurch begrenzt. Auf freieren Stellen macht sich in der Kräuterflora namentlich die hochstrebende Anthemis rigescens sehr bemerkbar, ihre großen weißen Blumen schauen überall aus dem saftigen Grün der Bodenvegetation hervor. [p.389:]

um. Der Blütenstand für das kommende Jahr entwickelt sich sehr bald nach dem Abblühen, erreicht aber bis zum Herbst in der Form zugespitzter, endständig sitzender Zäpfchen nur geringe Größe; sie sind braun, von rostfarbenem Flaum bedeckt und verdanken ihr Ansehen den festanliegenden lanzettlichen Bracteen. Die springen erst Ende Juni des nächsten Jahres und nun entquillt den hochgeschwollenen Knospen eine Fülle zartweißer, bisweilen leicht gelblich angeflogener, großer Blumen, streng im Schnitte der Alpenrosen. Je von 6—14 stehen sie gedrungen auf verkürzter Achse und kurzen, braunen Stengelchen gleich einem Bouquet da, unmittelbar auf dem dunkeln Fond der Blätter. Schaut man in die Blumen, so sieht man im Schlund bald gelbe, bald rosa längliche Punktierung. Die Blütezeit dieser Rhododendron-Art währt volle sechs Wochen. Mitte Juni beginnt sie damit in den tiefsten Lagen und Ende Juli (verspätet sogar Anfang August) verschwinden die letzten Alpenrosen. An ihre Stelle treten die aufrechtstehenden fünfteiligen Kapseln, welche dicht mit braunen Drüsenhaaren bedeckt sind und das zolllange Pistill bis zum Aufbrechen an der Spitze tragen. So dauerhaft nun vor allem das Laub und auch die Blumen dieser Rhododendron-Art sind, so droht beiden doch oft plötzlich teilweise oder gänzliche Vernichtung. Das thut der Hagelschlag, der zieht heran nicht selten in mehr als Kilometer Bahnbreite aus dem bleigrauen Cumuligewölk, welches sich im Sommer oft rasch im Hochgebirge aufbaut. Dem entfesselten Hochwetter verfällt, wo es einschlägt, alles, denn die Hagelschlossen erreichen hierzulande gar nicht selten die Größe von Taubeneiern und weisen im Innern nicht nur schaligen, sondern gut ausgebildeten kristallinischen Bau auf. Was von der eilenden Hagellinie getroffen wird, geht zu Grunde, selbst Schafe werden erschlagen. Kurz, aber mächtig ist die Aktion. Oft schon nach einer Viertelstunde kann man Umschau in der Verwüstung halten. Alles was größere Flächen darbot, liegt zusammengebrochen am Boden. Von den hohen Veratrum-Stauderi sieht man nur die Stengelstümpfe, das Laubdach der Rhododendren ist überall durchlöchert, zerfetzt und die Kräuterwiese zerschlagen. Die Reparatur solcher Schäden führt die Natur erst im nächsten Frühling aus. Ich werde bei Veratrum album daran erinnert, dass diese giftige Plage der subalpinen Wiese, Gott sei Dank, nicht überall zukommt. Im westlichen Teile findet man sie überall, nach Osten hin tritt sie sporadisch auf, in einem großen Teile des Daghestan, in Karabagh und Talysch fehlt sie ganz. Das ist eine Wohlthat für die Heerden. Zwar ist den einheimischen Haustieren, welche auf die Hochweiden wandern, der Abscheu vor dem Giftkraut erblich angeboren, aber Heerden, welche von weither zum erstenmal ins Gebirge getrieben werden, sollen sie fressen und daran zu Grunde gehen.

Das Reich der hochalpinen Arten. Nun steigen wir weiter aufwärts und kommen bald in das Reich der Hochalpinen, in das Gebiet par excellence schöner Primeln, Androsace-, Gentiana-, Draba-, Alsine-, Potentilla-, Campanula-und Saxifraga-Arten. Die Meereshöhen, in welchen der zusammenhängende Rasen sich auflöst, sind verschieden. Es hängt das nicht allein von den [p.390:] betreffenden Pflanzenarten ab, sondern von der Möglichkeit der Bildung irgend welcher Erdkrume. Wo die Schiefer, z. B. die sogenannten Klingschiefer, widerstandsfähig, selbst in ganz dünnen Platten lose geschichtet lagern und dabei das Gehänge steil neigt, da konnte sich absolut keine Erdkrume, wenn auch minimal im Verlaufe der Zeit gebildet, halten. Solche Schrunde schießen oft tief thalwärts, aber von einer subalpinen Flora ist auf ihnen keine Rede. Dagegen- bequemten sich manche der höher auf ähnlichem Terrain wachsenden Formen an solche tiefe Lagen. Unter gewissen Umständen finden wir dasselbe auch am festen Gestein, Kalk oder Schiefer, dafür bietet Lars an der grusinischen Heerstraße in 1130m über dem Meere ein treffliches Beispiel. Wir finden da ebensowohl Saxifraga juniperina als auch Draba rigida in der typischen sowohl als auch in der alpinen Form bryoides. Die begünstigenden Verhältnisse aber, welche das ermöglichen, haben wir in der Enge und Tiefe der Terekschlucht und in der unmittelbaren Nähe des Kasbek zu suchen, welcher sie stark erkältet, oft mit Wolken und Nebel füllt. Überdies wählen sich die genannten Species in den Spalten der nach N. und NO. gekehrten Fronten ihre Standorte. Im allgemeinen darf man behaupten, dass die Üppigkeit der »subalpinen« Wiese im Großen Kaukasus in den Höhen von 2280—2440 m merklich abnimmt und in 2740—2900 m der Rasen sich auflöst.

Von den sechzehn kaukasischen Primeln werden nur drei hochalpin, P. algida, P. auriculata und P. nivalis. Auch das Geschlecht der Gentianen ist nicht reich vertreten; mit der von ALBOW neu entdeckten G. paradoxa ergiebt sich eine Gesamtzahl von nur vierzehn Arten, von denen drei bis 3050 m vorkommen, G. caucasica, G. verna und G. pyrenaica. Fast alle der zwanzig bis jetzt im Kaukasus nachgewiesenen Draba-Arten erreichen die alpinen Höhen, einige werden sogar supranival. Die Zahl der kaukasischen Saxifragen ist mit Hinzufügung der im letzten Decennium neu entdeckten auf zwei Dutzend gestiegen, von ihnen erreichen fünfzehn die hochalpinen Gebiete. Noch zahlreicher ist Campanula vertreten. Ich zähle im ganzen 35 Arten, von denen 21 bis 3050 m (loooor. F.) hoch steigen, zwölf davon hochalpin sind.

Wir verlassen den oberen Rand des Rhododendron-Bestandes. Lichtes Zwerggebüsch der Preißelbeere (Vaccinium Vitis idaea) erfreut uns, niedrige Weiden, Salix arbuscula, S. apoda, Daphne glomerata und unfruchtbare Eberesche sind die letzten Holzgewächse. Der Rasen wird zusehends ärmer. Alchemilla vulgaris erreicht 5—6 Zoll Höhe, nur wo sie in feuchten Spalten des Gesteins sich ansiedelte, ist ihr Wuchs schlank. An ihre Stelle tritt bald Alchemilla sericea und, wo das Trümmergestein kahler ansteht, Sibbaldia pro-cumbens (parviflora), Myosotis .äilvatica alpestris, noch fußhoch, malt türkisblaue Flecken auf den nicht ynehr durchweg grünen Wiesengrund. Überall Veronica gentianoides, abe nur 6—7 Zoll hoch. Die zarten Dolden der rosablütigen, duftenden Valeriana alpestris ragen höher empor, ebenso der elegante Senecio caucasicus, dessen große Blumen immer einzeln die Spitze [p.391:] zieren, ihm gesellt sich S. taraxacifolius bei. Nun erfreut uns die schönste Aster des kaukasischen Hochgebirges, A. alpinus; zu kleinen Gruppen hat sie sich in den mageren Rasen gefügt,, erreicht gewöhnlich kaum Fußhöhe und trägt die endständigen, großen, rosafarbenen Blütenköpfe. Verspätete Anemone narcissiflora var. chrysantha blüht noch, wir befinden uns nämlich am i. August neuen Stils in 2900 m (9500 r. F.) Höhe. Das tiefe Blau der Blumen von G. septemfida markiert vielerorts kräftige, größere Flecken in reiner, intensiver Farbe, sei es auf niedriger Rasenfläche, sei es auf braunem Schieferschurf. Kleinere Sternpunkte im reinsten Lazur zeichnete auf kurzein Stengeln G. pyrenaica, während G. verna in solcher Höhe schon verblüht ist. In Hedy-sarum obscurum und Oxytropis cyanea treten uns zwei schöne Papilionaceen entgegen, die letztere schon niederkauernd, gewöhnlich hellblau, bisweilen auch reinweiß mit dunkelblauer Spitze des Schiffchens. Zwischen alle dem wanken die schlanken Stengel zarter Gramineen vor dem Winde, so nament-ich von Alopecurus vaginatus und von Bromus variegatus, beide noch über fußhoch, dann auch von Poa alpina. Wo der Boden trocken, da baute Carex obesa — C. nitida festen Rasen, und das sind auch die bevorzugten Standorte von Lloydia serotina, deren stark bewurzelte Rhizome recht tief und gewöhnlich im mattgrünen Carex-Rasen sitzen. Wo sich das Terrain, wenn auch nur flach, so doch kesselartig senkt und feucht ist, tritt Carex rigida massig auf, und an solchen Stellen, zumal wenn sich an ihnen womöglich kleine Tümpel ansammelten, gruppieren sich gern Primula auriculata und P. algida, letztere oft nur 2^-3 Zoll hoch, beide in der Blütenfarbe von P. farinosa. An Stelle von Polygonum Bistorta tritt das zierliche P. viviparum und von den Gentianen finden wir die unscheinbare G. humilis und die nur dem Kaukasus angehörende G. caucasica mit dunkelvioletten Blumen. Auch zwei Saxifraga-Arten bevorzugen solche Plätze, obwohl ihnen auch nasse Felsenspalten behagen, das ist S. sibirica und S. flagellaris, letztere immer in größerer Gesellschaft, oft in Moospolstern stehend, über welche sie die rotbraunen, 5—6 Zoll langen, dünnen Ausläufer hinstreckt. An den Rändern solcher kleinen kristallklaren Lachen siedelt sich mit Vorliebe das überaus zarte Gras Agrostis trichoclada an und ebenso die unscheinbaren Elyna-Arten (E. schoenoides, E. spicata). In Bezug auf die Primeln muss ich hier einschaltend folgende Bemerkung machen, um mit ihnen abzuschließen. Die von mir 1864 entdeckte P. grandis bewohnt in Suanien die subalpine Wiese in den Höhen von 1830—2740 m, Gleiches beobachtete ich im Lande der Tuschen an der duftenden P. luteola. Dagegen steigt P. nivalis, die ich bei der Passage des Archotis-mta oberhalb von Rhododendron in 3100 m ermittelte, sogar nach AKINFIEW bis zu 3350 m. Ihre tiefsten Standorte beginnen am Kasbek schon in 1830 m Höhe.

Das Terrain hebt sich mehr und mehr. Wir wandern und klettern in Höhen von 2900—3050 m. Schneeschründe lagern in den Schluchten bis zu uns herab, auch im Sommer verschwinden sie nicht. Die [p.392:] Bergwasser unterwuschen sie, bildeten Tunnel unter Schneegewölben. Hoch über uns blendende Firnfelder, aus ihnen reckt sich der Gletscher thalwärts, oft tief, sogar bis in die subalpine Wiese. Bläulich, rein erscheint er oben, schmutzig, undurchsichtig ist seine Basis, davor eine Kopfmoräne, links und rechts die älteren Seitenwälle. Aus dem Firn oben starren dunkle Felszinken, nackte Fronten, selten isolierte Piks uns an; vor ihnen schmales Schuttland, welches stürzende Blöcke nach und nach füllen. So ist, wenigstens an vielen Stellen, die Dekoration gemalt, vor der wir bergsteigen. In unserer nächsten Umgebung schaut aus dem ganz zerrissenen Rasen überall kahles Trümmergestein hervor. Vorwaltend sind es (wenigstens in der Hauptkette) Thon-, Talk-, Glimmer- und Klingschiefer, graue, braune, grünliche, bald in mächtigen Platten unweit vom anstehenden Felsen gebrochen, bald in gehäuften Scherben lagernd, locker gefügt, oft auch dünn, lamellarisch, dem Fuße bei starker Neigung unsicheren oder gar keinen Halt darbietend. So verhält es sich wenigstens im Hochgebirge des Großen Kaukasus auf der ganzen Strecke vom Kasbek ostwärts bis zum Schah-dagh, dem aus der Hauptkette gegen Norden vortretenden unmittelbaren Nachbar des Basar-düsü. Vom Kasbek westwärts befinden wir uns bis zum Elbrus zeitweise auf vulkanischem und in der verbindenden suanischen Kette oben oft auf granitischem Boden, während die Flanken beiderseits von Schiefern gedeckt sind, denen sich nord-und südwärts Kalke, dem Jura und der Kreide, tiefer dem Tertiär angehörend, anschließen. Auch westwärts vom Elbrus weisen die Pässe der Hauptkette ebenfalls granitisches Gestein auf, die Kalke kommen namentlich auf kolchi-scher Seite, zu mächtiger Entwicklung, aber schon unter dem Fischt dominieren gegen NW. mergelige und thonige Schiefer.

In die Ritzen von solchem entblößten Schieferschurf dringt die kriechende Wurzel von Oxyria digyna =?= O. reniformis gern ein, ihre regelmäßig nieren-förmigen Blätter bedecken das Gestein teilweise, durch die Frische ihres Grüns fallen sie vorteilhaft auf. Sehr charakteristisch für das ganze Gebiet ist An-themis Biebersteiniana ß Rudolphiana, ihre Grundblätter sind fein zerschlitzt und die niedrigen Blütenstengel tragen immer nur eine große gelbe Blume. Man kann sie in über 3350 m als 2 Zoll hohen Zwerg sammeln. Auch Antennaria dioica, das weit verbreitete Katzenpfötchen, sowie Gnaphalium supinum bestehen den trockenen Schieferschurf; die erstere kenne ich von solchen Plätzen nur mit hellen, etwas gelblichen Blumen, die letztere wäre zur Not ein Äquivalent für das Edelweiß, welches im Kaukasus nicht vorkommt An anderen Stellen sieht man Erigeron alpinum kleine Polster aufbauen, aus denen die kurzen Blütenstengel hervorstreben; alles an den Pflanzchen, namentlich aber die Blumenkörbchen, sind stark weiß behaart, und die beiden acaulen Umbelliferen, von denen Chamaesciadium flavescens die häufigere, Chaero-phyllum humile die seltenere ist, legen vom Centrum ihrer robusten Pfahlwurzel aus die verlängerten Blütenstengel über das Gestein. Auch Lycopodium Selago steigt bis in diese Höhen, ich kenne die Pflanze aber nur aus dem feuchten westlichen Gebiete (Kolchis). [p.393:] Wir müssen hier einen Augenblick der Moos- und Flechtenflora widmen. In Höhen von 2440—3050 m fand ich dieselbe im Bereiche der kahlen Thonschieferschründe wesentlich folgendermaßen vertreten. Da gab es noch solide Polster von Hypnum stellatum und H. und-natum, Cylindrothecium concinnum und Plagiochila asplenoides, welche untermischt wuchsen. Reine Bestände von Hylocomium splendens, auch Bryum Schleicheri var. latifolium lebten in diesen Höhen. Hedwigia ciliata und Pseudoleskea atrovirens, ebenso wie Dicranum spadiceum und Leptotrichum flexicaule hatten sich gesellschaftlich angesiedelt. Das letztere Moos wurde noch in reichlich 3050m gesammelt und die höchsten, ganz festen Polster von Bryum inclinatum (fruchtbar) und von Mielichoferia nitida wurden noch in 10000 r. F. gehoben. In gleichen Höhen und darüber hinaus sammelte ich auf kahlen Schiefern folgende Flechten: Parmelia subconspersa, die durch die reine, weißgelbliche Färbung auffallende Platysma nivale, üppig wachsendes isländisches Moos, Cetraria islandica, die zweifarbige Lecanora chrysoleuca, Stereocaulon paschale und Thamnolia vermicularis mit schneeweißen, wurm-förmig gewundenen, aufrechtstehenden Thallus-Lagern.

Bevor ich mich weiter umschaue und von den lieblichen, großblumigen Campanulen spreche, von denen manche Arten vereinzelt uns schon viel tiefer, noch im Bereiche des geschlossenen Rasens erfreuten, will ich doch zu einem Bergbache treten, dessen Wasser über den dunkeln Schiefer und das quarzige Urgesteingerölle, über Grünstein und Granite fortspringt. Eine Pflanze finden wir da ebenso sicher wie auch höher noch am Fuße der Moräne und auf ihr selbst, sie lebt immer gesellschaftlich und malt zur Blütezeit den Bach entlang große gelbe Flecken. Da haben wir es keineswegs mit einer Seltenheit zu thun. Ihr Verbreitungsgebiet beginnt schon in Schlesien, erstreckt sich über Ungarn, ganz Mittel- und Südrussland, streift Nordafrika und schließt den gesamten Kaukasus in sich mit ein. Sie gehört überdies zu den wenigen Arten, welche am Meeresufer beginnen und sich bis über 3350 m Seehöhe verbreiten. Ich spreche von Senecio vernalis. Am Ufer des Kaspi bei Lenkoran sammelte ich sie als 3 Fuß hohe Pflanze; an ihren höchsten Standorten erreicht sie im feuchten Moränenschurf in der Varietät S. vernalis y nanus nur noch 2 Zoll Höhe. Ähnlich in Bezug auf die Verbreitung verhält es sich mit Epilobium Dodonaei. Ihrem Wurzelstocke entdrängen sich viele Triebe, deren reiche Blütenstände intensiv rosa gefärbt sind, und so wechseln dann am Moränenfuße die großen rosa Flecken von dieser Epilobium-Art mit den gelben von Senecio vernalis ab. Das Berg- und Bachwasser bringt den Samen der ersteren bis zum Meere, ich sammelte die Art am Ufer desselben im Gerolle an der abchasischen und tscherkessischen Küste. Von den Draben siedelten sich an eben solchen Plätzen am liebsten Draba siliquosa, nemoralis und tridentata an und hier auch findet man das bei weitem seltenere Sisymbrium Huetii, dessen höchste Standorte sich bis zu 3500 m erstrecken. Wo im weiteren Verlaufe das Bergwasser durch herantretende Felsenwände eingeengt wird, da tritt uns wohl eine schmucke Varietät von Saxifraga [p.394:] cartilaginea, nämlich Kolenatiana, entgegen; sie zeichnet sich durch große, schön rosafarbene Blumen und trotz der Höhe des Standortes durch kräftigen Wuchs aus. Auch Arabis albida ist wieder da. Die großen und reichen Blütenstände von Erysimum pulchellum, schwefelgelb, machen einen brillanten Eindruck auf dem dunkeln Felsenfond. Unten am Bachrande, wo eine Stillung des Wassers statthat, siedelte sich massenhaft Epilobium origanifolium an, und auf wenig erweitertem Wiesengrunde blüht Doronicum oblongifolium, welches man, wenn oberflächlich betrachtet, für eine Arnica halten könnte, die aber im Kaukasus gar nicht vorkommt. An solchen Plätzen werden wir auch noch durch die großblumige Viola altaica = V. oreades und durch die kaukasische Varietät von Polygala vulgaris überrascht.

Von den hochalpinen Campanula-Arten haben zwei, nämlich C. tridentata und C. Aucheri, die weiteste Verbreitung, im Kaukasus. An die erstere schließt sich durch Übergangsformen C. saxifraga. Auch die anderen Species, als C. ciliata, C. bellidifolia und C. petrophila, erreichen gleich jenen beiden Höhen von 3050—3350 m (10—nooor. F.). Vereinzelt findet man sie schon in den höheren Lagen der subalpinen Wiesen, ja C. saxifraga und C. ciliata zeigen sich sogar schon ab und zu in 1220—1370 m (4—4500 r. F.). Übrigens muss bemerkt werden, dass C. ciliata von manchen Botanikern nur als Varietät von C. tridentata betrachtet wird; TRAUTVETTER z. B. vereinigt, RUPRECHT und BOISSIER trennen. Lieblich sind die botanischen Miniaturen, welche in den höheren Lagen durch die Campanulen im Verein mit niedrigen Pedicularis und Draben gebildet werden. Es können dieselben an gewissen trockeneren Lokalitäten sogar noch im kurzen, aber festgeschlossenen Rasen gedeihen )Pirli-dagh unmittelbar an der Südfront des Schah-dagh in 3050 m [loooor. F.]). Gewöhnlich aber leben sie auf brauner, zertrümmerter Schieferunterlage. Die iY2—2 Zoll großen, blassblauen Glocken von C. ciliata stehen, umfasst vom fünfblättrigen, stark behaarten Kelch, immer nur einzeln auf der Spitze der Stengel; je höher ihr Standort, um so kürzer sind letztere, manchmal kaum zolllang. Dann mag es wehen wie es will. Die kurzen alpinen Gräser wallen, wo sie dichter stehen, vor dem Winde, schwanken hin und her, wo sie nur vereinzelt leben, auch die Glockenblumen auf höherem Stengel folgen dem Luftdrucke, aber die niedrigsten bleiben steif wie die massiven Zwerg-Draben und die robusten Blütenkolben der hochalpinen kleinen Pedicularis-Arten. Die Kronen von C. saxifraga sjnd stets etwas kleiner und dunkler gefärbt als die von C. tridentata, dabei der obere Rand der Blätter schon von der Mitte an stumpf und bogig gezähnt.

Nun sind wir dem ewigen Schnee schon nahe gekommen. Die Isolation der verschiedenen Pflanzenarten, ja sogar der verschiedenen Individuen wird noch strenger durchgeführt. Dem intensiven oberirdischen Leben ist nur kurze Zeit zur sommerlichen Entwicklung gewährt, je nach der Höhe 6, 8 bis höchstens 10 Wochen. Mächtig bildet sich an allen Species das ausdauernde Wurzelleben aus. Kräftige Pflanzenzwerge bilden die kleinen, getrennten Kolonieen. Gelb, blau oder weiß sind gewöhnlich die verhältnismäßig großen [p.395:] Blumen gefärbt, rot ist viel seltener. Ende Juli ist in den Höhen zwischen 3050—3350 m der Frühling im vollen Gange. Von der Nordseite des hohen Tebulos und Baschlam bringt man noch am 25. Juli blühende Anemone albana fl. violacea heim. Potentilla alpestris hatte aus ihren kriechenden Wurzeln die reichblütigen Kissen fertig gebaut. Zwei andere Arten dieses Geschlechts, die weit verbreitete P. verna und P. Tormentilla, siedelten sich auch in den kaukasischen Hochalpen an, ähnliche Standorte wählt sich P. gelida und die schöne, im Kaukasus seltene P. nivea. Aus den feuchteren Vertiefungen schauen die dicken Blumenköpfe rot, auch weiß, von Pedicularis caucasica hervor, an ihnen hat der lange Winter die vorjährigen Fruchtstände nicht zerstört. An anderen Plätzen vertritt sie die starkschnäblige, gesättigt rot blühende Pedicularis crassirostris, ja sogar P. comosa steigt als Zwerg bis in diese Höhen. Dann deckt wieder Sibbaldia eine größere Strecke ziemlich rein, etliche Gräser finden zwischen ihrem hinkriechenden Geäste Platz, überall 3—4 Zoll hohe Myosotis silvatica alpestris und die genannte Varietät von Anthemis Biebersteiniana. Überall auch die Polster verschiedener Alsine Sp. und Saxifraga. Von den ersteren sind besonders charakteristisch die über das ganze Gebiet hin verbreitete Alsine imbricata var. vestita und A. recurva var. nivalis, die unter Umständen in die supranivale Zone, tritt. Beide bauen auf sehr gedrängtem Geäste niedrige, frischgrüne Polster mit zahllosen weißen Blumen auf. Von den Arenarien steigen ebenfalls zwei Species bis in diese Höhen, nämlich Arenaria lychnidea und A. Brotheriana. Von den hochalpinen Saxifraga-Arten, welche die Kombinationen der geschilderten Flora namentlich auf anstehendem Gestein, oft in Gesellschaft von Draba, vervollständigen, sind in erster Reihe S. exarata und S. moschata, dann S. juniperina und S. laevis zu nennen. Man darf mit Recht diese Arten immergrün nennen, insofern sie nämlich ihre alljährlich erneuten, in Rosetten stehenden Grundblättchen nicht abwerfen. Dieselben legen sich vielmehr um die dünnen Stengel, welche höher auswachsen, und hüllen diese ganz ein, man kann sie bis zur Wurzel verfolgen. Dieser entspringen allseitig viele solcher zarten, gedrängt stehenden Stengel, die alle das alte Blattwerk tragen, nur dass dieses im Verlaufe der Zeit ganz trocken und dunkelbraun wurde, fast die Farbe des Torfes annahm, aber doch haltbar und dauerhaft ist. Bei S. juniperina und laevis legen sich die alten Blätter gleich harten Schuppen um den Trieb. Durch diese Art der Vegetation bilden sich gedrängt neben einander stehende, tauartige, mehr oder weniger straffe Stämmchen von dunkelbrauner Farbe, sie werden oben von den neu treibenden Blattrosetten ganz verdeckt und aus dem Centrum derselben treibt die Blütenachse hervor, meistens nur i—2 Zoll hoch (bei S. exarata in den tieferen Lagen auch 4—5 Zoll), welche die gelben, nicht großen Blumen trägt. Gern betten sich die beiden zuerst genannten Arten in Moos, die beiden anderen, robusteren wählen mit Vorliebe Felsenkarniese. Ihre Nachbarn sind liebliche Androsace-Arten. Von diesen gebührt Androsace villosa ß congesta der Preis. Kaum will man glauben, dass die Exemplare dieser Pflanze, welche auf den Kalkfelsen [p.396:] des Chanakoi-tau in 2000 m Höhe gesammelt (24. Juni 1894) wurden, mit denen aus 2650 m von demselben Gebirge und Datum derselben Art angehören, um so mehr als die Höhenunterschiede der Standorte nur 600 m betragen. Die ersteren bildeten ganz lockere Gruppen, nach allen Seiten verliefen die dünnen Stengelchen und bewurzelten sich auf Intervallen von 2—4 Zoll aufs neue. An solchen Stellen, denen gewöhnlich zwei neue Triebe entsprossen, gab es immer alte, vertrocknete Grundblattrosetten und bisweilen trieben an ihnen auch neue hervor. Aber die Blütenstiele entsprangen stets aus den endständigen Rosetten und erreichten 4—6 Zoll Länge. An ihrer Basis drängten sich mehrere neue Triebe hervor, welche den weiteren Ausbau dieses eigentümlichen lockeren Androsace-Polsters förderten. Dem gegenüber erschien die Varietät congesta in der That als zusammengedrängte, ganz in weißen Pelz gehüllte Zwergform, bei der sich die Blattrosetten nicht auslegten, sondern vielmehr den auf ein Minimum reduzierten Blütenstiel umschlossen. Die zweite Androsace-Art in solcher Höhe ist Androsace Chamaejasme, oft sind ihre Blumen schön rosa gefärbt. In einer Zwergform lebt in diesem hochalpinen Gebiete das weitverbreitete Galium Cruciata in der verkümmerten Varietät humifusa. Niederliegend, kriechend treibt der Blütenstiel aus dichtem Wurzelgeniste höchstens 3—4 Zoll hervor, so wurde diese Art an der Nordseite des Tebulos noch in nahe 3350 m gefunden. Ich will des schönen Aethionema (Eunonia) rotundifolium und einiger Cerastium-Arten nicht vergessen, bevor ich von den Draben spreche. Keineswegs gehört die erstere nur dem Großen Kaukasus an, ich brachte sie vom vulkanischen Abul-System im Süden des Tabizchuri-Sees mit. Sie wächst zerstreut in kleinen Gruppen im kahlen, feuchten Gestein und treibt den Blütenstiel 2—3 Zoll hoch, dunkelviolette Kelchblättchen schützen die großen, weißen Blumen. Von den Cerastium-Arten steigt das in tieferen Lagen so gemeine C. purpurascens hoch an, aber es beteiligt sich an der Grenze seines Vorkommens ebenso wenig wie das viel seltenere C. latifoliutn an der botanischen Physiognomie. An den höchsten Standorten, die ich vom Elbrus und Tebulos in 3660 m kenne, kamen die Exemplare (vielleicht nur junge Pflanzen) nicht mehr zur Blüte. In ihrem Aufbau entsprechen die alpinen Draba-Arten aus der Gruppe der Columnares ganz den erwähnten Saxifragen; ihre dauerhaften, rundständigen, schuppenförmigen Blättchen bleiben stehen, auch nach dem Abblühen der Pflanze, und bilden so, ganz dicht an einander gedrängt, Säulchen, die alle einer Hauptwurzel angehörend je nach dem Alter der Kolonie an Länge zunehmen, aber selbst bei recht alten selten mehr als 1-1 1/2 Zoll gemeinsame Höhe erreichen. Auch sie zeigen obenher die frische hell- oder graugrüne Decke der letzten Blattrosetten, aus deren Centrum die feinen Blütenstielchen in i—2 Zoll Höhe hervorschießen und die dottergelben, verhältnismäßig großen Kronen tragen. Viele Hunderte solcher Kolonieen gehören bei alten Polstern nur einer holzigen, zähen Wurzel an, die gemeinlich tief in einer Felsenritze sitzt und welche die ganze Kolonie ernähren muss. In dieser Weise sehen wir die beiden gemeinsten [p.397:] Draba-Arten der kaukasischen Alpen, Draba imbricata und D. rigida typica, leben. Die eine, D. rigida, beginnt an einzelnen Lokalitäten schon in 1070 m Meereshöhe, und zwar in typischer Form, die andere Art besetzt die Zone von 2740—3660m , beide treten supranival auf und bei beiden kann man Exemplare mit fast sitzenden Blütenständen finden, da die Stielchen nur 1—4 mm Länge erreichen. Übrigens giebt es Botaniker, welche beide artlich vereinigen. Physiognomisch haben sie eine noch größere Bedeutung als die gleichgebauten Saxifragen. Wie ihr dicht gedrängtes Rosettenlaub die Oberfläche der Polster einfach grün, mehr oder weniger lebhaft, färbt, so schließen sich auch die leuchtend dottergelben Blüten in i—2 Zoll Höhe darüber enge an einander, und so heben sich denn die scharf, aber unregelmäßig umgrenzten Kissen, bald größer, bald kleiner, bisweilen mehr als Fußbreite erreichend, dann wieder geringer, weil jung, vom dunklen Felsen ab. Sie und einige andere ihres Geschlechts begleiten uns an manchen Stellen des Großen Kaukasus bis zum ewigen Schnee, das sind D. scabra, D. mollissima, D. incompta, D. supranivalis und die schöne D. subsecurida, und auf dem Großen Ararat steigt D. araratica, wie wir oben schon mitteilten, bis zu 4360 m heran.

Immer einsamer wird das Hochgebirge. Die Schrecken der Eis- und Firnwelt treten uns ganz nahe, immer seltener werden Floras Gebilde, sie müssen sich die karge Existenz im lockeren Schieferschurf suchen, eine oberflächliche Bewurzelung würde nicht halten, tief in die Fugen der übereinander geworfenen Schieferscherben dringen die fadendünnen, oft leicht zerbrechlichen Wurzeln. Man muss mit großer Vorsicht nach und nach die dünnen Platten abheben, wenn man wohlerhaltene Exemplare sammeln will. So leben Cerastium Kasbek und Veronica minuta, Corydalis (Capnites) pauciflora, C. conorrhiza, Viola minuta, V. biflora und Ranunculus arachnoideus, so auch die robusteren Formen von Scrophularia minima, Pseudovesicaria digitata, Lamium tomentosum und Nepeta supina als die höchsten Vorposten der Phanerogamen noch in 3660 m . Schauen wir uns diese interessanten Pflanzen etwas näher an. Cerastium Kasbek (Minimalhöhe 2400 m) kommt dem Kaukasus als endemische Art zu und beginnt ihr Verbreitungsgebiet nach O. und S. mit dem Kasbek. Aber schon der Entdecker dieser Art, parrot, wies sie auch für den Ararat nach. Ihren großblumigen, alpinen Geschlechtsgenossen gegenüber ist C. Kasbek unansehnlich und markiert ihre Standorte nicht auffallend; diesen schnurdicken, im Steingefüge weithin fortkriechenden Trieben entringen sich nur wenige Stengel, welche niedrig bleiben, weitläufig beblättert sind und meistens nur eine endständige Blüte tragen, die kaum ein Viertel der Kronengröße des reichblütigen C. purpurascens besitzt. Etwas besser deckt Veronica minuta (Minimalhöhe 2440 m) das Trümmergestein, dem sie sich anschmiegt, zumal wenn die großen, milchweißen Blumen sich erschlossen; auch an ihr sehen wir die langen Fadenwurzeln, sie sind oft fünf- bis sechsmal länger als die oberirdischen Stengel und vernesteln an manchen Stellen. Bei Corydalis pauciflora var. nivalis (Minimalhöhe [p.398:] 2440m) und C. conorrhiza (Minimalhöhe 2130 m ), wohl auch bei den neuentdeckten hochalpinen C. swanetica und C. glareola liegen die derben, länglichen Knollen, welche am unteren Ende zahllose feinste Saugwurzeln tragen, tief im Gestein, so dass die weichen, zerbrechlichen Stengeltriebe lange ringen müssen, um in mancherlei Windungen zwischen den Schieferscherben an das Tageslicht zu gelangen und das geringe Blattwerk samt den Blüten dann zu entwickeln. Nur diese sieht man ganz niedrig auf dem Gestein. Wenig auffallend sind trotz der gelben Farbe die Blumen von Ranunculus arachnoideus, immer nur einzeln, umgeben von wenigen winzigen, dicken Blättern, tauchen sie kaum auf dem steinigen Boden auf, mehr als neun Zehntel der Pflanze sind versteckt. Mir steht, indem ich dieses niederschreibe, die Passage des, Nussa-Passes (3660m) im Daghestan (Scheider zwischen S'amur und S'ulak) vor der Seele. Überall umgaben mich Schneeblinken, tief lagerten sie an den Steilschründen und Schluchten. Ich ging auf sepienbraunen Schiefern, aus dem zersplitterten Gestein ragten festere Rippen und zerrissene Wölbungen hervor. Totenstille umgab mich, ab und zu jagte ein dünnes Gewölk an mir vorbei. Der dunkle Boden, bar jedweden erdigen Grundes, erschien spärlich in zwei gelben klaren Farben fein punktiert. Die helleren gelben Fleckchen wurden durch die Blumen der zierlichen Viola biflora, die dunkleren und größeren durch jene des schon genannten Ranunculus hervorgerufen. Aber nur wenig tiefer am freien, stark geneigten NO.-Abhange dieses Scheidegebirges traten zwei kräftige Formen auf, von denen die eine, Scrophularia minima (Minimalhöhe 2440 m], ihre roten Blumenwalzen in 2—3 Zoll Höhe zwischen den stark gezähnten Blättern hervorstreckte, die andere sich in massiven Bündeln auf das kahle Gestein legte und ihre dichtgedrängten, kopfständigen, violettweißen Blumen erschlossen hatte, zum Teil auch die hochblasig aufgedunsenen Schötchen, in langen Trauben geordnet, reifte, das war Pseudovesicaria digitata (Minimalhöhe 2440 m ). Beide sind endemisch, die letztere beginnt mit dem Elbrus, die erstere mit dem Kasbek ostwärts, Hocharmenien und sein Randgebirge kennt sie nicht. Aber auch zwischen diesen, die immer von einander versprengt, vereinzelt wachsen, giebt es einen seltenen Zwerg, den ich nur von dieser Lokalität und vom etwas westlicher gelegenen Dulty (Johe) kenne, die Vale-rianacee Betckea caucasica, ein sehr unscheinbares Pflänzchen, welches im kahlen Schieferschurf wächst und leicht übersehen wird. Dagegen überraschte und erfreute mich eben hier Delphinium caucasicum (Minimalhöhe 2280 m), an ihren höchsten Standorten wird die Pflanze fast acaul und ist mit ihren tiefblauen großen Blumen in diesem Habitus wohl die schönste aller Delphinium-Arten. Auch sie ist endemisch, gehört nur dem Großen Kaukasus an, beginnt mit dem Elbrus, wurde von AKINFIEW vielfach an der Nordseite der suanischen und osseschen Alpen, von ruprecht und mir für den Daghestan nachgewiesen. Allen den Genannten folgt bis in die bedeutendsten Höhen Sedum tenellum (Minimalhöhe 1830 m), welches über das ganze Gebiet verbreitet ist und am Bingöl-dagh im winzigen. Sedurn nanum einen [p.399:] hochalpinen Geschlechtsgenossen .besitzt. Mit zwei kräftigen Labiaten schließe ich meine Mitteilungen über die Hochalpinen der Kaukasusländer ab. Nepeta supina und Lamium tomentosum (einschließlich von Lamium alpestre., welche BOISSIER vereinigt, Minimalhöhe 1830 m).. Auch sie gehören dem ganzen Gebiete an. Auf den steilen Schieferschroffungen am Azunta-Passe bedeckte Nepeta supina bedeutende Flächen und verlieh ihnen durch die vielen Blüten ein schön hellblaues Kolorit, während unweit davon Lamium tomentosum förmlich aus dem lockeren Gestein, man darf den Ausdruck wohl gebrauchen, hervorkroch, denn auch sie sucht mit ihren viel gewundenen, weichen und blassen Stengeln lange vergeblich nach Licht und Luft, färbt sich, nachdem beides gefunden wurde, grün und entfaltet die achselständigen, behaarten, großen, lichtrosa Lippenblumen.

Herbst in der alpinen Region. Es ist Herbst geworden. Anfangs September. Schon haftet frischer Schnee auf dem Firn der Gipfelhöhen im Hauptgebirge. Wir steigen abwärts zu den subalpinen Wiesen. Auf den trockneren Halden in 2440—2740 m erschließen schon ,früh am Morgen, wenn die Sonne sie beschien, zwei Taraxacum-Arten ihre Blumen, die eine in dunklerem gelben Farbentone (T. officinale d alpinum), die andere heller und kleiner (T. crepidiforme). Überall ist der magere Rasen, an dem sich wesentlich Festuca ovina y supina sowie Poa- und Phleum-Gras beteiligen, mit diesen flachen, gelben Taraxacum-Knöpfen besetzt, als ob sie in eine Decke eingenäht wären. Tiefer noch in der Krautwiese, die im Sommer so blumenreich und üppig war, schaut uns überall der Tod an. Sie ist nass, allnächtlich fällt starker Thau, oft Reif. An Stelle des saftigen, reinen Grüns trat ein schmutziger Farbenton. Fast alles schoss in Samen, vieles starb schon ab. Überall gebräunte Blätter, starre Fruchtstände, zerbrochene Stengel, faulendes Geäste. Hier und da erhielten sich noch die Blumen von Scabiosa caucasica, auch Leontodon hastile ß hispidum blüht noch. Mancherlei lässt sich noch erkennen, aber es sieht so elend aus. Spirrig zwischen den Geranien-und Astrantia-Blätterri reckt Myosotis silvatica jetzt die Rispen, mit den Samen besetzt, hervor. Ab und zu noch blühende Inula glandulosa, an Pyrethrum roseum verwelkten die Blumenköpfe, die Ähren von Polygala Bistorta, vor "kurzem noch so rein rosa, sind jetzt braun, es blieben ihnen nur die kleinen Bracteen und verlängerten Pistille. Auch die Umbelliferen schössen alle in Samen, sowohl die starken, wie Heracleum Chorodonium und H. pubescens, als auch die schwachen, Carum caucasicum und C. meifolium und das niederliegende Chamaesciadium flavescens. Die Fruchtstände von Orchis pyrami-dalis, globosa, Gymnadenia conopea erkennt man. Zwischen ihnen erfreut uns noch blühendes Hypericum hirsutum. Etliche Anthemis -rigescens überdauerten mit ihren großen weißen Blumen die Zeit, welche für zwei Herbst-'Gentianen die richtige ist; im feuchten Grunde siedelte sich Gentiana caucasica gruppenweise an und unweit von ihr stehen die Stauden von Swertia punctata. In den hochschießenden und gedrängt wachsenden Pflanzenbeständen auf feuchtestem Grunde, da, wo Cephalaria und Knautia in Gemeinschaft mit [p.400:] Aconitum Orientale, A. nasutum Fisch. (A. variegatum Boiss.), Delphinium elatum, D. Schmalhausenii und Campanula lactiflora stehen, sieht es unordentlich aus. Die Fäulnis kommt von unten, die starken Triebe werden morsch, sie brechen zusammen. So bereitet sich alles zur Winterruhe vor. Bald räumen winterliche Hochwetter überall auf, sie bringen auch der subalpinen Zone Ende Oktober dauernden Schnee, und was bis dahin vom Regen und Sturm nicht niedergelegt wurde, das erliegt im November und später dem Drucke der immer mehr anwachsenden Schneedecke. Sie schwillt gleichmäßig, wenn nach langem Kampfe der Himmel sich überall in gleichmäßiges Grau hüllte und die großen Flocken bei langsamem Falle zur Erde gelangen. Das geschieht im Hochgebirge nur selten. Gewöhnlich tobt sich ein Hochwetter nach längerer Pause mit Vehemenz im Verlaufe von 24—48 Stunden aus. Dann giebt es keine Ruhe in der Luft, vom Sturm gepeitscht rasen die fein zerstiebten Schneemassen und prallen an der Felsenwand, an den Steilungen des Grates ab, bald füllen sie die Engschluchten, die Böschungen und begraben da haushoch das liebliche Leben der Hochalpenflora für 7—8 Monate, bis Frühling und Sommer kommen, den Schnee lösen und sie für kurze Zeit auferstehen lassen.

7. Einteilung des kaukasischen Florengebietes.

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