[Radde, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern] Kapitel 4 Abs. 1.

    Viertes Kapitel,. Die kaukasischen Wälder.

Verteilung der Wälder über das ganze Gebiet S. 207. Tabelle über Verbreitung und Dichtigkeit der Wälder und über das Maß auf die Kopfzahl der Bevölkerung in den Kaukasusländern S. 213. Die Qualität der Wälder, Pflege derselben und Misswirtschaft S. 216. Maßangaben über die wichtigsten Holzarten S. 221. Die Wälder der Domäne Borshom in wirtschaftlicher Hinsicht S. 226. Schädliche Insekten der kaukasischen, speziell der Borshomer Wälder S. 230.



Wir haben in den vorangegangenen Kapiteln für die Kaukasusländer die Extreme der Vegetation kennen gelernt, nämlich die Steppen ohne eine Spur von Wald und die beiden waldreichsten Gebiete im W. und SO. des Isthmus an den beiden Grenzmeeren, — in Kolchis und Talysch, — ohne eine Spur von Steppen. Nunmehr gilt es, über den Wald im allgemeinen das Nötige zu sagen und daran einige Schilderungen über Wälder zu schließen, welche außerhalb jener bereits besprochenen üppigsten Waldgebiete liegen.

Verteilung der Wälder über das ganze Gebiet. Wenn wir hoch aus der Vogelschau von N. nach S. zwischen den Meridianen des Kaspi und Pontus den Blick über den Isthmus schweifen lassen, so wird er im Süden vom Don zunächst das weite Gebiet der kahlen, waldlosen Steppen erfassen, wo den beiden Rinnsalen des Manytsch folgend westwärts nur hier und da sesähafte Menschen einige Weiden pflanzten, ostwärts auch diese fehlen. Lange noch sucht das Auge vergebens nach kompakteren Baum- oder Strauchgruppen, ers: unter der 45. Breite, ziemlich in der Mitte zwischen beiden Meeren und wenig westlich vom 60. Meridian von Ferro treten inselartig auf der hier über [p.208:] 600 m (2000 r. F.) hohen Ebene die Wäldchen von Stawropol auf. Liegen diese uns im Rücken, so folgen beiderseits von der Scheide zwischen Kuban und Terek den Wasserspiegeln dieser Ströme und ihrer südlichen, vom Gebirge kommenden Zuflüsse mehr oder weniger breite, oft unterbrochene grüngraue Streifen und Bänder. Es sind die Pappeln und Weiden der Niederungen, von der Natur schon gegeben, vom Menschen ergänzt und im besten Falle zu kleinen »Auenwäldchen« entlang den Ufern herangezogen. Von nun an tritt uns die Nordseite des riesigen Kettengebirges immer deutlicher entgegen und von NW. gegen SO. können wir seinen Fuß verfolgen, nachdem die inselartig hoch aus der Steppe hervortretende Gruppe des Beschtau sich etwas nördlich vom 44. Breitengrade und im Meridiane von 60° 45' als bewaldet erwiesen. Beginnend im äußersten Westen bei Anapa und entlang der Nordseite des Gebirges, deckt bis zum äußersten Osten bei Petrowsk eine in Breite und Dichtigkeit wechselnde Waldzone den gewaltigen Körper des Kaukasus. Wo er seinen breiten Fuß unmittelbar in die Steppe setzte, wird das Waldesgrün lichter und zerstreut sich nicht selten als Busch weit vorwärts in die Ebene. Vollgedeckt und zwar in den tieferen Lagen ausschließlich mit Laubhölzern erscheint das Mittelgebirge; nur im centralen Teile, zwischen Kasbek und Elbrus, wo die Terekquellen gelegen, werden sie stellenweise lichter und fehlen anderweitig ganz. Dann wieder erscheint unseren Augen, gleich östlich von Wladikawkas in der Tschetschna das reine Grün der Eiche und höher das dunklere der geschlossenen Buchenwälder; gleichzeitig mit dem kalkigen Fuße des Daghestan treten sie weit gegen Norden vor, jetzt bis zur Sunsha, ehedem an manchen Stellen bis zum Terek. Aber wenn wir dort im Westen, schon vom Fischt und Oschten an, 'oben an der Grenze der lichtgrünen Laubhölzer vielfach eingekeilt und angerandet die dunkeln Farbentöne der Coniferen bemerken, so fehlen diese hier im Osten gänzlich. Immer dürftiger dem Kaspi entgegen wird der Baumwuchs. In der Ebene folgt er wieder den Flussläufen oder macht sich zwischen den S'ulak und Terek in oasenartigen Flecken kenntlich. Ein Paar solcher grünen Tupfen erblicken wir, wie früher im oberen Teile des Wolgadeltas, so jetzt hier in dem des Terek. Im Gebirge, zumal im östlichen Daghestan, erscheinen uns große Strecken ganz kahl, weiß (Kalk), graubraun (Schiefer). Selbst oberhalb der berühmten Wälder von Itschkerien, aus deren Dickichten im Hinterhalte die Krieger Schamyls s. Z. den Russen große Verluste beibrachten, sind Andien und Awarien, sowie auch der Gunib-Gau nur schwach, weiter gegen Süden Kasi-Kumysch und der Mittellauf des S'amur nur ganz gering sporadisch bewaldet. Besser gestaltet sich das dem Meere entlang auf den Anhöhen zwischen den beiden östlichen Endpunkten des Kaukasus, zwischen Petrowsk via Derbent nach Apscheron hin. Die Halbinsel selbst mit Baku und dem gesamten Naphta-Gebiete liegen freilich abschreckend kahl da. Dieses äußerste SO.-Ende des Kaukasus bildet in Bezug auf seine Holzgewächse ein ebenbürtiges Äquivalent zum NW.-Anfange des Gebirges, denn auch das Vis-ä-vis von Kertsch, die Halbinsel Taman, trägt weder Strauch noch Baum. Aber [p.209:] am östlichen Ende treten uns schon auf dem Wege nach Kuba und ebenso auf den Höhen im Rücken von Derbent größere Waldkomplexe, immer aber nur von schwachem Wüchse entgegen. Sie erreichen, mehr oder weniger insular getrennt, das Krüppelgesträuch der Eichen auf dem Tik-tübe bei Pe-trowsk.

Wir müssen das Auge höher heben, um die transkaukasischen Gaue und das armenische Hochland zu überschauen. Möge es zunächst auf den Eis-und Firnfeldern der Kammzone ruhen und am Fischt und Oschten beginnend über Elbrus und Kasbek, über Baschlam und Bogos fort bis zum Schah-dagh ausschweifen. Selbst ein so flüchtiger Blick wird genügen, um zu konstatieren, dass von NW. gegen SO. die Schneelinie höher Und höher steigt und dass an den extremen Enden der Unterschied reichlich 600 m (2000 r. F.) beträgt.

Der Überblick der Südseite des Kaukasus und des ihm südlich gegenüberliegenden pontischen, adsharo-imeretischen und armenischen Randgebirges gewährt uns in Bezug auf den Wald ein ganz anderes Bild, als wir es bis dahin vor Augen hatten. Wenn auch, wiederum von Anapa beginnend, bis Tuapse die Unterschiede zwischen N. und S. sich fast ausgleichen, so beginnt dann weiter dem Pontusufer entlang, die äußersten Rionquellen umfassend, ein fest abgeschlossenes Waldgebiet, dessen eingehende Schilderung ich bereits oben gab.

Ostwärts vom Meskischen Meridianscheider zwischen Kura und Rion tragen zwar ebensowohl die Südfronten des Großen Kaukasus, als auch die Nordseiten seiner Contreforts — der sogenannte Kleine Kaukasus oder, besser gesagt, das Randgebirge Hocharmeniens, — geschlossenen Wald, aber je näher wir auch hier zum Kaspi blicken, um so lichter wird er und auch die individuelle Kraft des Wachstums schwindet mehr und mehr. In breiter Keilform drängt sich von Osten her bis in das Herz des Landes das Kurathal, allmählich bis oberhalb von Tiflis zu 480 m (1600 r. F.) ansteigend und in seiner Steppenflora, wie wir schon sahen, alle Varianten der nördlichen Steppen aufweisend. Beide Seiten des Kurathales tragen Wald. Wir sehen zunächst, hoch von oben blickend, links und rechts, da wo der Fluss das armenische Hochland bei Ardagan verlasst und sich in enger Schlucht den Weg zur S'uram Ebene gegen NO. und O. bahnte, beide Gehänge von stattlichstem Hochwald, in welchem die Nadelhölzer dominieren, bestanden. In ihrem direkten Anschlüsse an die adsharo-imeretischen Gebiete haben sie noch ganz die Kraft jener schon mehrfach erwähnten Wälder. Nach Süden hin werden sie alle scharf in Höhen von ca. 2000 m (6—7000 r. F.) abgeschnitten und gelangen nicht auf das kahle armenische Hochland. Die Kiefer, Acer Trautvetteri, die Weißbirke, seltener hier schon die Rotbuche ziehen die Baumgrenze. Aber weiter westlicher, im nördlichen Taurus-System, welches die Tschoroch-Wasser von denen der Kura, des Araxes und Euphrat (Muradtschai) trennt, lebt die Kiefer in reinen Massenbeständen und zwar in Höhen von 2130—2750111 (7—9000 r.F.). Das sind große, fast schwarze Flecken, die unserem Auge um so mehr auffallen, als rundherum, weithin, auf dem armenischen Hochlande der Wald fehlt und [p.:210] selbst elendes Gebüsch nur an wenigen Plätzen zu finden ist. Die Spiegel der Alpenseen, welche in Höhen von 1920—1980 m (6300—6500 r. F.) gelegen, glänzen uns aus üppig subalpiner Wiese entgegen auf dem ganzen Plateau, welches von Kars über Ardagan und Achalkalaki zum Trialetrande der mittleren Kura strebt und von da gegen SO. in gleicher Höhe über den Goktschai-See fort sich an den Karabag'her Meridianstock lehnt. Wie in jenen Tiefsteppen, die wir von der unteren Wolga über die Minimalwasserscheide der Manytschhöhe nach Süden, nach W. und O. verfolgten, kein Wald im eigentlichen Sinne des Wortes zu finden ist, so auch hier auf dem hohen Rücken Armeniens. Schüchterne Versuche zur Waldbildung macht hier und da die Eiche. Geringen Buschwald von ihr sehen wir westlich vom Goktschai und noch geringeren am SO.-Fuße des Alagös, andere im Daralagös-Gau. In der Einsattelung zwischen beiden Araraten deutet ein kleiner grüner Flecken das höchststehende Birkenwäldchen an, aber in der Höhe von fast 2440 m (8000 r. F.) war der Wuchs nur sehr langsam (ich zähle an 75 mm dicken Stammproben 45 Jahresringe) und die schweren winterlichen Schneedecken ließen den Stamm nicht hoch gedeihen, sie drückten vielmehr den Hochbusch breit auseinander.

Kürzer, aber durchaus in demselben Typus schneidet der Schwesterfluss der Kura, der Araxes gegen SW. in das Land. Zuerst unbehindert in der Ebene mit flachen Ufern, oft austretend und sein Bett ergänzend, dann höher beengt und endlich, vom Ostende seiner mittleren Stufe an, in schmaler Engschlucht förmlich verriegelt. Linkerseits durch die südlichen Steilabstürze der Gebirge Karabaghs, rechterseits durch die des persischen Karadagh eingezwängt. Der hochgelegene Karabaghgau ist vielerorts von verrotteten minderwertigen Laubwäldern bestanden, ebenso die Gehänge seines nach W. scheidenden hohen Gebirges, welches Gipfelhöhen bis über 3660 m (12000 r. F.) (Kapudshich) be1-sitzt. An diese Waldpartien schließen sich dann die im S. des Goktschai am östlichen Arpatschai im sogenannten Daralagösgau.

Ich will schließlich noch einige ergänzende Worte zunächst über das Verschwinden der Coniferen in Transkaukasien sagen. Wiederum ist wie an der N.-Seite des Gebirges so auch weiter südwärts dieses Verschwinden der Coniferen sehr auffällig. Zuerst erreicht die Nordmanntanne im Kl. Kaukasus an den Quellen der Algetka (62. Merid.), davon wenig östlicher — fast im Meridian von Tiflis im oberen Aragwathale bei Passanaur (62° 30') — die kaukasische

[p.:211] (Karte)


Erklärung zur Karte Fig. 5. Die Dichtigkeit der Schraffierlinien richtet sich nach dem Procentsatze in Desjatinen der Waldflächen znr gesamten Oberfläche des betreffenden Forstbezirks. Umfasst ein solcher Forstbezirk eine große waldlose Steppenfläche, während im Gebirge auf den höheren Lagen gute Wälder stehen, so ergiebt sich dennoch für den gesamten großen Bezirk nur ein geringer Procentsatz von Wald und somit auch nur eine lichte Schraffierung für ihn. Es fällt das namentlich in dem Forstbezirk von Naltschick sehr auf, der im Quellgebirge des Terek zwar gute Wälder besitzt, sich aber weithin in die waldlose Steppe erstreckt, und welchem man deshalb die lichteste Schraffierung geben musste. Wie wir aus den Tabellen wissen, deckt das Gebiet von Naltschick eine Fläche von 1809455 Desj. Davon sind nur 12000 Desjt. waldtragend.



[p.:212] Fichte ihre Grenze gegen Osten. Im Großen Kaukasus wurde Abies Nordmanniana noch am oberen Liachwalauf (bei dem Dorfe Dshawa), also nicht bis zum 62. Meridian nachgewiesen. Die Kiefer, welche an der N.-Seite des Großen Kaukasus bis fast zum Ende des Gebirges, wenn auch meistens nur krüppelig, wächst, z. B. noch oben im östlichen Daghestan und unten bei Tschir-jurt, kommt an der S.-Seite bei weitem nicht so weit gegen Osten vor. Aus dem Lande der Chefsuren im Centralteile kenne ich sie noch, aber an den Alasanquellen verschwindet sie. Die ganze .steile Südwand, etwa vom 63° 30' beginnend über Sakatali, Nucha und Schemacha fort, besitzt keine zapfentragenden Coniferen [Anm.#1: Unten auf der Eldar-Terrasse: P. maritima Lamb. = P. halepensis Mill.]. Auch im Kleinen Kaukasus erreicht P. silvestris kaum den 64. Meridian, denn der bis jetzt ermittelte östlichste Standort von ihr liegt südlich von Jelisabetpol am Kürück-tschai-Bache und schon im viel westlicheren Thale der Akstafa kommt sie nur selten und in kleinen Gruppen oberhalb von Delishan in 1280 m (4200 r. F.) Höhe vor [Anm.#2:Man vergleiche die Karte; auf ihr sind die Längen nach dem Meridian von Paris angegeben, im Text nach dem von Ferro (Differenz 20°).].

Nur einmal noch kommt der Wald im Gebiete der mittleren Kura zur strotzenden Üppigkeit und individuellen Kraftentwickelung wie in Kolchis und Talysch, nämlich im Alasanthale. Je weiter von da nach Osten, um so mehr verarmt er. Schon von Schemacha an ist das Ende des Großen Kaukasus fast überall kahl. Dieselbe Verarmung gegen Osten gilt auch von den Gandsha- und Karabaghwäldern, die kaum irgendwo den Charakter von vollgültigem Urwalde besitzen und überdies noch, wo nur irgend zugänglich, seit Menschengedenken misshandelt werden. Vor ihnen in der Tiefe, dort im breiten Kurathal, hier auf den letzten Auswallungen des Gebirges in die östliche Mugan, giebt es Buschholz mit viel Paliurus und den Flüssen entlang überall mehr oder weniger breite Auenwäldchen, in denen Schwarz- und Silberpappeln neben Maulbeeren und Rüstern die Hauptrolle spielen, die aber auch nach Osten hin an Umfang und Stärke abnehmen und mit der Vereinigung des Araxes und der Kura ganz aufhören.

Erst wenn wir vom Ostfuße Karabaghs in die Einöde der Mugan treten und diese über den Araxes fort gegen SO. durchwandern, beginnt mit dem Alburssystem ein mächtiger Wechsel in den physikalischen Grundzügen der Natur, der in den geschlossenen Urwäldern von Talysch, Gilan und Massen-deran zum klarsten Ausdrucke kommt.

Wir haben im Vorstehenden zwar, so hoffe ich, ein übersichtliches Bild von der Verbreitung der Wälder im Kaukasus erhalten, auch ungefähr erfahren, wo die besten und dichtesten Wälder stehen, aber genauere Auskunft über den Flächenraum, den sie bedecken, und über den Procentsatz, den sie diesem gegenüber repräsentieren, soll zunächst die Tabelle geben, welche ich hier folgen lasse. Dann wollen wir, wie es schon im pontischen Ufergebirge geschah , einige größere Exkursionen in die Wälder machen und dabei die gesamte Vegetation in ihnen kennen lernen. [p.:213]

Tabelle über Verbreitung und Dichtigkeit der Wälder und über das Maß auf die Kopfzahl der Bevölkerung in den Kaukasusländern , nach den neuesten offiziellen Angaben.

1) Oblast entspricht dem deutschen Wort Gebiet und Okrug heißt Distrikt.

[p.:214]



1) Unbegreiflicherweise wird in den offiziellen Schriftstücken und auf den Karten der Daghestan zu Transkaukasien gezählt, während er doch an der Nordseite des Gebirges gelegen ist; das hat also nur eine administrative Bedeutung.

2) In der zweiten Rubrik für das Daghestan-Gebiet ist die Addition im Original nicht richtig. Ich korrigiere nach den mir vorliegenden Ziffern.



[p.:215]

[p.:216]

Wir konnten uns über die Verteilung des Waldes in den Kaukasusländern nach den gemachten Mitteilungen und der Karte eine klare Vorstellung machen. Auch wissen wir aus den früheren Tabellen, welche Holzgewächse überhaupt auf unserem Gebiete vorkommen, aber über die Qualität der kaukasischen Wälder habe ich noch nichts Ausführliches gesagt, das soll jetzt geschehen.

Die Qualität der Wälder, Pflege derselben und Misswirtschaft. Der Begriff »Wald« ist bei der Bevölkerung ein sehr weiter. Auch das Gebüsch von einigermaßen größerem Umfange bezeichnet der Steppenbewohner als Wald. Wer nach den Erzählungen der Leute sich über den Wald eines gewissen Gebietes eine Vorstellung im voraus macht, wird, wenn er mit eigenen Augen sieht, oft enttäuscht. So z. B. auch bei Tschir-jurt, worüber ich schon sprach (pag. 212). An den leicht zugänglichen Plätzen hat man im Kaukasus überall mit dem Hochwalde aufgeräumt. Entlang dem ganzen Nordfuße des Gebirges von Anapa an bis zum Tik-tübe hat sich die Eiche als zusammenhängendes Gebüsch am weitesten gegen N. in der Steppe erhalten, ihr schließen sich Schlehen (Pr. spinosa) und Rhamnus Pallasii (= Rh. erythroxylon) und ausgedehnte Paliurus-Maquis an. Den ehemaligen Hochwald, der da sicherlich stand, wo man jetzt nur Gestrüpp und die Maquis sieht, haute man aus. Es geschah das oft absichtlich und im großen Maßstabe, z. B. noch vor 40—50 Jahren zur Zeit der Schamyl'schen Kriege in der Tschetschna, um das Terrain klar zu machen. Auch ohne eine solche exceptionelle Nötigung fand es von jeher bis auf den heutigen Tag bei den gewöhnlichen Wirtschaftsverhältnissen in rücksichtslosester Weise statt. Man hat hier keine Pietät weder für den Wald, noch überhaupt für den Reichtum der Natur (Fischerei, Jagd). Raubwirtschaft überall trotz vorzüglicher Gesetze, welche, wenn befolgt, der oft schon sehr erschöpften Natur aufhelfen könnten.

Mancherlei Übelstände sind es, welche die Waldpflege nicht allein erschweren, sondern sie überhaupt für größere Gebiete unmöglich machen. Von Hause aus ist der Begriff »Forst«, d. h. der gereinigte, gepflegte und regel- [p.:217] recht bewirtschaftete Wald, für die Kaukasusländer ausgeschlossen. Ebenso dürfen wir das Wort »aufforsten« für unser Gebiet kaum gebrauchen. Ich kenne nur einige kleine Wälder, oder Plätze geringen Umfanges in ihnen, die im Privatbesitze sind, und in denen die Eigentümer ihren Wald pflegen, da sieht man die erfreulichsten Resultate. So war z. B. in dem Auenwald, linkerseits entlang der Kura, 40 km abwärts von Tiflis (Karagas, der großfürstliche Sauenstand) vor 30 Jahren, als er noch von der umwohnenden tatarischen Bevölkerung ganz nach Belieben misshandelt wurde, in einem schrecklichen Zustande. Die über das ganze Land, zumal bei der Nomaden-Bevölkerung verbreitete Unsitte des Kronenschindens (Kopfverhackens) hatte natürlich auch die starken Eichen des Karagas nicht verschont. Meterdicke Stämme trugen ganz geringe, verkümmerte Kronen. Nachdem der Großfürst Michail Niko-lajewitsch diesen Besitz sich als Jagdgebiet gesichert und ihn bewachen ließ, haben auch die ältesten Eichen im Verlaufe von 30 Jahren prächtige Kronen mit oft schenkeldickem Geäste aufgesetzt.

Ein zweites Beispiel von löblicher Waldpflege liegt mir aus dem Gandsha-Gebirge vor. Auf der Kupferhütte der Gebrüder Siemens, Kedabeg (1235 m = 4050 r. F.) hat man die nächstliegenden Wälder gereinigt, genügend gelichtet und in Schläge eingeteilt. Auch hier that und thut die Natur vollauf ihre Schuldigkeit, es ist eine wahre Freude zu sehen, wie das geförderte Wachstum bei einiger Schonung und Nachhülfe die alten Schäden bald ganz beseitigt. Hier bemühte man sich auch Coniferen aufzuforsten. Der Erfolg blieb aus. Mag sein, dass, da Kedabeg schon östlich vom Verbreitungsmeridian von Abies Nordmanniana und Picea orientalis gelegen, dieses der Grund des Misslingens war. Den Wäldern von Kedabeg wird in den letzten Jahren durch die Benutzung des Masuts zum Ausschmelzen der Erze, ausgiebige Schonung zu Teil. Hier haben wir rationelle Wirtschaft, soweit sie im Lande möglich ist. Schon in nächster Nähe von dieser Kulturstätte wird Missbrauch und Unfug überall geübt. Wenig höher an der Baumgrenze waren die Rotbuchen alle verhackt. Das geschieht im Kaukasus überall, wo -Nomaden mit den Herden im Frühling auf die subalpinen Wiesen ziehen, wo in Folge der hohen Lage die Flora anfangs nur sehr schwach entwickelt ist und die Tiere Hunger leiden. Da sie aber nur die Spitzen der Äste, die Knospen der jungen Blätter fressen und es mühsam ist, gesondert solche Triebe zu sammeln, so schlägt man ganze, starke Äste ab, lässt sie vom Vieh förmlich abweiden und dann liegen. Dasselbe geschieht im Winter unten in den Ebenen, die zwar gewöhnlich ausreichendes, junges Grünfutter den Herden darbieten, aber doch in manchen Jahren längere Zeit eine Schneedecke tragen, dann muss der Wald die Ernährung übernehmen. Dem Übelstande ist schwer abzuhelfen. Solange hunderttausende von nomadisierenden Familien als Grundbedingung ihrer Existenz die Wanderungen auf und ab im Gebirge Jahr ein Jahr aus ausführen, wird der Wald an ihren Lagerplätzen und auf ihren Wegen ruiniert. Nicht anders verhält es sich mit den festen Ansiedelungen in den Wäldern, gleichgültig in welcher Höhe sie liegen; so lange ihre Herden zu jeder [p.:218] Jahreszeit überall im Walde gehen dürfen, kommt kein gesunder Nachwuchs auf. Wo der Andrang der wandernden Nomaden besonders stark ist, wie z. B. im Karabaghgau, da verändert sich sogar der Charakter der subalpinen Wiese, welche, wenn ungestört, das Urbild einer üppigen, blumenreichen Au darbietet. Die Hochflächen Karabaghs (1800—2450 m = 6—8000 r. F.) werden den Wanderwegen entlang so systematisch verfressen, abgenagt und durch die Hufe der Tiere festgetreten, dass den ausdauernden Gewächsen eine kräftige Entwickelung nach oben gar nicht möglich ist und sie deshalb ihr Wurzelleben ganz besonders stark ausbilden. Die kaum zollhohen Polster von Oxytropis cyanea verwurzelten total, nur scharfes Messer kann sie bezwingen. Auch die zerzausten Karikaturen von Carpinus duinensis, entlang den Wegen, verdanken ihre bizarren Formen und-den Wucher der enggedrängten Belaubung meistens dem Ziegenfraß. Werden an ihnen die Endknospen abgefressen, wie das von oben durch die kletternden Ziegen geschieht, so kommt der Strauch nicht hoch auf, während er ungestört bis 30 Fuß Höhe erreicht. In welchem Grade der Hunger das dürftig überwinterte Vieh auf dem Wege zur Alm dazu treibt, Alles fort zu fressen, was nur irgend wie erreichbar, dafür liefern die Paliurusgebüsche die klarsten Beweise. Nur unter dem Schütze ihrer Stacheln konnte die Frühlingsflora sich ausbilden, rund umher sehen wir Alles bis auf j die Ranunkeln abgeweidet.

Aber auch da, wo solche althergebrachte, orientalische Wirtschaftszustände nicht statthaben, wo mit dem Andränge der Russen nach Süden die indigene Bevölkerung sich teilweise oder ganz zurückzog und der Nordfuß des Kaukasus mit Kosaken und Bauern besiedelt wurde, sieht es mit dem Walde schlecht aus. Idealere Naturverhältnisse für die landwirtschaftliche Existenz des Menschen, als sie das Kubangebiet in seinem südlichen Teile darbietet, kann man sich kaum vorstellen. Mächtig lagernde Schwarzerde, viel Wasser, sanft aus der Ebene ansteigendes Gebirge, in seinen Mittelpartien fast überall reinen, geschlossenen Eichenwald tragend, höher Buchen, Rüstern und Nadelholz, darüber alpine Weide und endlich schneeklüftiges Hochgebirge mit Gipfelhöhen von 1800—3350 m (6—nooor. F.). Überall hat diese Natur den Charakter urwüchsiger Kraft, und dieser ist es zuzuschreiben, dass sie noch freigebig leistet. An vielen Orten ist sie im Gebirge noch jungfräulich, an anderen, wo seit der Mitte der sechziger Jahre die unterworfene Bevölkerung fast ganz auswanderte, sind die Spuren ihrer geringen Kultur fast ganz verschwunden. Wenn sich nun auch nach verhältnismäßig kurzer Zeit die Misswirtschaft der Kosaken noch nicht, was den Wald anbelangt, fühlbar macht, so darf man sie deshalb doch nicht billigen. Mit eigenen Augen sah ich, dass in den herrlichen Eichenwäldern auf dem Wege nach Maikop vollkronige Stämme von 1 1/2—2 Fuß Durchmesser im Sommer gefällt wurden, um von je einem ein Nutzholz in der Länge von 10 Fuß auszuschroten und alles Übrige an Ort und Stelle dann seinem Schicksale zu überlassen. Vom Auf- und Abräumen des Waldes ist im Kuban-Gebiete nirgends die Rede, selbst da nicht, wo das Holzgeschäft in hoher Blüte steht und sehr beträchtliche Einnahmen bringt.



[p.:219] Herr MAXIMILIAN NOSKA, ein gebildeter österreichischer Forstmann, welcher längere Zeit als Jagdmeister das Revier des Großfürsten sergei michailowitsch (477000 Desjt. = 5240 qkm) verwaltete (leider so früh und so tragisch umgekommen) hat die Waldverhältnisse am Kuban in jeder Hinsicht richtig geschildert (in der österreichischen Forstzeitung 1892). Er schreibt unter Anderem: »Die Russen fanden 1864 herrliche, unentweihte Waldungen, welche heute ein immenses Kapital repräsentieren würden, vor. Die Aufsicht über diese unermesslichen Komplexe fiel damals wenigen, ihrer Aufgabe nicht entfernt entsprechenden Organen anheim, welche die ungesetzliche Ausbeutung der Wälder selbstverständlich nicht hindern konnten, ja eher ihr noch Vorschub leisteten. Der Wald war als vogelfrei erklärt und Jedermann glaubte sich berechtigt, nach Lust und Liebe darin wüsten zu können. Unmassen wertvollen Materials fielen der Axt des Bauern zum Opfer, für welches er dem Staate auch nicht eine Kopeke Zahlung leistete. So standen die Dinge noch vor einem Decennium (Anfang der achtziger Jahre). Allmählich regelten sich diese Verhältnisse mehr und mehr, und wenn auch heute der Zustand in der forstlichen Organisation noch viel zu wünschen übrig lässt, so ist doch bereits ein guter Schritt nach vorwärts zu verzeichnen, wenngleich sich die Sünden der Vergangenheit nicht mehr gut machen lassen.«

Und weiter heißt es bei noska: »Wie schon erwähnt, hat die Eiche (und zwar ausnahmslos Qu. pedunculata) in den Vorbergen (im Hochgebirge auf sonnseitigen Lagen auch Qu. sessiliflora) die großen Flächenteile auf den Ausläufern des Gebirges in reinen Beständen inne, die heute noch, wo unberührt, das herrlichste Wachstum zeigen. Sie imponieren weniger durch Mächtigkeit, als durch denkbar prächtigsten, geraden und vollholzigen Wuchs. Freilich gilt dies nur von den im vollen Schlüsse befindlichen Beständen noch nicht angegriffener Teile. Die den Ortschaften zunächst liegenden Eichenwälder zeigen dagegen ein trauriges, abschreckendes Bild. Knorrige Überständer wölben das Geäste trauernd über einer Wirrnis bürstendick aufschießender Loden, die wieder, durch eine rücksichtslose Waldweide und nicht weniger durch alljährlich wiederkehrende Bodenfeuer in ihrem Wachstum behindert, sich nur zu krüppelhaften Baumexemplaren entwickeln können. Halbverkohlte Dürrlinge zeugen auf Schritt und Tritt von dem Walten dieses Elementes.« Das Holz der kaukasischen Eiche soll jedoch nicht von besonderer Güte und deshalb minderwertig sein. — Da in den Wald das Vieh eingetrieben und zur Erzielung eines besseren Graswuchses oder aus Mutwillen ein großer Teil des Waldbodens jährlich abgebrannt wird, so zeigen diese Gemeindewaldungen zum größten Teil ein desperates Aussehen, insbesondere in nächster Nähe der Staniza, wo der Kosak in Ermangelung besseren Materials — das brauchbare Jungholz muss zu Zaunstecken herhalten — bereits Kopfholzwirtschaft betreibt. Verkrüppeltes Oberholz, kümmernde Jugend ist schonungslos der devastieren-den Hand der Kosaken preisgegeben. Es hält schon schwer bei dem, besonders für den Hausbau so vielfach benötigten Holzmaterial noch ein gerades Stück zu finden, will man nicht stundenweit danach fahren, und dieser Mangel [p.:220] ist um so empfindlicher, je stärker die Zunahme der Bevölkerung erfolgt, weshalb denn der Preis des Holzes draußen im flachen Lande sich unglaublich hoch stellt.

Gegenüber allen diesen Schäden, welche der Mensch dem Walde zufügt, kommen die, welche das Wild anrichtet, kaum in Betracht. Erwähnenswert ist, sagt NoSKA, dass Rotwild durch Schälen in Nadelhölzern gar nicht schadet und nur Laubhölzer, besonders Aspen (Winterschälung) angeht. Mehr wäre der Schaden, soweit man diese Bezeichnung in den Urwäldern überhaupt gebrauchen kann, durch Schlagen starker Hirsche (ich fand Kiefernhölzer im Umfange von 60—80 cm total geschlagen) und das Fegen beachtenswert. Der Auerochs schält stark, am liebsten Vogelbeeren, Ulmen, Linden, Eschen, doch selbst Tannen und Kiefern fand ich (entgegen der Behauptung brehm's) von ihm geschält. Und als Kuriosität mag desgleichen Erwähnung finden, dass der Bär mannshohe Tännlinge, wenn er an die Bereitung seines Winterlagers geht, abbeißt, von den Verwüstungen nicht zu sprechen, die er in den Kronen wilder Obstbäume, Birnen, Äpfel und Kirschen, sowie von Buchen, deren Nüsse im Herbst seine Hauptnahrung auszumachen pflegen, anzurichten im Stande ist. Dabei wird der Verbiss durch Hochwild kaum merkbar, einzig die Erle leidet sehr darunter. Malbäume von Schwarzwild, vor allem harzige, sporadisch eingesprengte Kiefern, findet der Jäger häufig bis in die Felsregion hinauf. Aber auch der Bär hat, was gewiss sehr wenig bekannt sein dürfte, seinen Malbaum 2—3 m hoch über dem Boden, an welchem er sich reibt, und es sind diese Stellen ebenso wie bei dem Schwarzwilde, wenngleich weniger intensiv markiert.

Der Verkauf des Holzes erfolgt ausschließlich auf dem Stocke, es ist eine Art modifizierten Blockverkaufes und pflegt der hierbei übliche Vorgang folgender zu sein. Der Forstverwalter stellt dem Konsumenten ein »Billet« aus mit Angabe der Hiebmasse, Spezifizierung des Sortiments, der allgemeinen Bestimmung des Hiebortes und des Ausbringungstermines. Dieses Billet hat drei Koupons, einen zur Kontrolle, der monatlich mit Rechnungsschluss dem Revisionsbureau einzusenden ist, einen zweiten als »Prikas« dem Forstschutzorgane der angewiesenen Datsche, der dritte verbleibt als Dokument in den Händen des Forstverwalters. Die Bezahlung erfolgt im Voraus. Der Konsument haut, falls nicht der seltene Fall einer Auszeichnung der Stämme vorangegangen sein sollte, in dem ihm zugewiesenen Teile nach Belieben. Die Beendigung des Hiebes zeigt er der Forstverwaltung an, und nachdem die Kontrolle durch das entsprechende Forstschutzorgan, nur bei besonders großen Quantitäten durch den Revisor (der eine Reise von 500—600 km zu manchem Hiebsorte deshalb zu machen hat) oder den Forstverwalter in eigener Person, durchgeführt, wird die Bewilligung zur Ausfuhr erteilt. Ein Überhauen von einigen Procenten ist gestattet, doch Nachzahlung erforderlich. Der Termin wird streng eingehalten, das bis zum festgesetzten Tage nicht genutzte oder ausgeführte Material verfällt dem Fiskus. Zur Trift ist eine eigene Triftbewilligung nötig, mit ebenfalls gegebenem Termin und unter gleichen Folgen, wofür man 5 % der Ver- [p.:221] kaufssumme berechnet. Bei der Kontrollmessung, wobei keine Kuppe in Verwendung tritt, kommt nicht das gefällte, sondern nur das ausgeschrotete Holz in Betracht, das andere bleibt als Abfall, »Brack« liegen, desgleichen solche Stämme, die zwar gefällt, aber als nicht konvenierend zurückgelassen wurden, wofür als Entschädigung 10% der. Verkaufssumme eingezahlt werden, desgleichen 3 % für den Verbrauch von Brennholz zum Lagerfeuer der Arbeiter. Unter diesen Umständen ist es natürlich, dass der Holzhauer sich nur den besten Teil des Baumes erwirbt. Um den Wurzelanläufen, die bei starken Exemplaren von nicht geringer Bedeutung sind, auszuweichen, errichtet man nicht selten mehrere Meter hohe Gerüste, um den Baum zu fällen, und wird dann nur das astreine Stück ausgelängt. Der Verkauf erfolgt nicht nach dem Massengehalt des Materials, sondern nach einer Tabelle, die für jede Stärke einen bestimmten Preis festsetzt. So steigt z. B. der Preis bei gleicher Länge und einem Durchmesser von über 16 Werschok mit jedem Werschok um i Rbl., wobei nur das Zopfende gemessen wird.

Maßangaben über die wichtigsten Holzarten. Diesen Mitteilungen« gegenüber wird uns der Stand des jungfräulichen Urwaldes gewiss durch die imponierende Kraft vieler seiner Individuen erfreuen. Ich will daher jetzt eine ganze Reihe von Maßen folgen lassen, welche den individuellen Wuchs der stärksten Nadel- und Laubhölzer zur Anschauung bringen. Zunächst also von den Plätzen im Kubangebiete, die wir soeben besprachen.



Das Längenmaximum dürfte bei P. orientalis 60 m betragen. Nach Versicherung von Holzhauern soll anderwärts eine Fichte in 70 m Länge gefunden worden sein. Die der Tanne beigemischte Buche dürfte als Maximum einen Durchmesser von 85 cm aufweisen. Unter anscheinend gesunden, zur Fällung

[p.:222] ausgezeichneten Stämmen waren ca. 50 % unten kernfaul, von den unten gesunden gewiss 3/4 wipfeldürr und es dürften unter dem stehenden, schlagbaren Holze kaum 3—5 % ganz gesunder Exemplare sich gefunden haben. Bemerkenswert ist ferner, dass ich Exemplare fand, die in der ersten Jugend ein so langsames Wachstum aufweisen, dass ein Stamm im 80. Lebensjahre 6 cm, .ein anderer im 180. Jahre 20 cm stark war. — Alles dieses entnehme ich noska's Arbeit.

Aus demselben Gebiete, von der Laba, macht mir über den dunkelsten Tann Herr JÜTHNER, der Nachfolger noska's als Jagdmeister des Großfürsten sergei michailowitsch folgende Mitteilung:

Dieser ungemischte Tannenforst (A. NordmannianaJ erstreckt sich in dichtgeschlossenem Bestände zu beiden Seiten der Laba. Der gleichmäßige Wuchs und die Vollholzigkeit der einzelnen Stämme weist auf äußerst günstige Verhältnisse hin. Das tiefgelegene, rings durch Hochgebirge geschützte Thalbecken ließ den Tannenbestand zu außergewöhnlicher Üppigkeit gedeihen. Es wurden folgende Maße ermittelt:

Höhe des Stammes...... 64,05 m

Umfang in Brusthöhe..... 4,52 m

» bei 32 m Höhe (Mitte). . 3,23 m

Kubischer Inhalt eines Stammes . 53 cbm.

Auf einer Desjätine standen 15 solcher Kolosse und repräsentierten einen Holzgehalt von fast 800 cbm.

Von der großfürstlichen Domäne »Borshomc, auf welcher der Wald sehr energisch und auch leidlich rationell exploitiert wird, liegen viele Maßangaben über die stärksten Bäume, ihr Wachstum, die Größe ihrer äußeren Oberfläche, ihren Holzinhalt und ihren jährlichen Zuwachs vor. Die Domäne wird von der oberen Kura in einer Engschlucht von SW. nach NO. durchsetzt. Auf linker Flussseite steigt das Gebirge rasch zur imeretischen Wasserscheide an, auf rechter erhebt es sich als Randgebirge Hocharmeniens langsamer bis zu 2 740 m (9000 r. F.). Von dem Gesamtareal (70000 Desjt. = 765 qkm) sind 50000 waldbestanden und zwar: Gemischter Wald 31665 Desjt., reiner Coniferenwald 14936 und reiner Laubwald 5629 Desjt. Von den drei Coniferen ist Picea orientalis die häufigste und hat auch in der Vertikalen die größte Verbreitung (700—2150 m =2300—7000 r. F.). Sie besteht entweder allein, oder doch vorwaltend im gemischten Walde etwa 11 500 Desjt. Tiefer Lehmboden, feuchte Luft und Erde fördern ihr Gedeihen, daher die höheren Nordlagen, die Wände der Engschluchten und Hochkessel vornehmlich von P. orientalis bestanden sind.



[p.:223]

Picea orientalis.

Der Häufigkeit nach folgt auf die Fichte die Kiefer

Pinus silvestris.

Als dritte der Häufigkeit nach folgt Abies Nordmanniana 1050—2000 m = (35°°—6500 r. F.). Diese Edeltanne bevorzugt kalkhaltigen schwarzerdigen Boden, was weder bei der Fichte noch bei der Kiefer der Fall ist, daher ist sie auf kalkigem Boden vorwaltend und zwar an den freien SSW.- und SO.-Seiten, aber bei genügend feuchter Luft ohne große Feuchtigkeit des Bodens. Meistens wächst sie mit der Fichte zusammen, ganz reine Stände sind selten. Im Ganzen deckt sie 3600 Desjt. Auf allerbestem Boden wurden folgende Maße am Schlagplatz genommen:

Abies Nordmanniana.



[p.:224] In höheren Lagen gedeiht der Baum besser als in tieferen. Die eben gegebenen Maße beziehen sich auf Bäume aus der Zone von 1050—15010 m (3500—5000 r. F.). In denjenigen von 1600—1900 m (5300—6200 r. F.) ermittelte man auf bestem Boden:

Die Maße der allerstärksten Baume sind:

Ich schließe hieran noch etliche Daten über die Rotbuche, Fagus silvatica. Zum Teil in reinen Beständen, aber auch in Gesellschaft von der Fichte und Weißbuche (Carpinus) wächst sie am liebsten in den Senkungen und Kesseln mit frischem Lehmboden.

Fagus silvatica.

Aus dem Centralteile des Isthmus, südwestlich von Tiflis, also ebenfalls im sogenannten Kleinen Kaukasus, wo bereits Fichte und Tanne ihre östliche Verbreitungsgrenze fanden, liegen mancherlei belehrende Maße vor. Als

[p.:225] nämlich vor zwei Jahren dort die Wälder der Güter des Fürsten S. I. Melikow [Anm.:Die Güter heißen: Sadachlo, Choshorni, Welati, Klein Uruty, Zopi und Arabatala.] im Bortschalin'schen Kreise (Chramfluss) taxiert wurden, ermittelte man auf 6 Besitzungen, die einen Flächenraum von 4440 Desjt. einnahmen, folgendes:

[p.:226]

[Anm.: Wahrscheinlich haben wir es hier mit dieser Art zu thun, welche an manchen Stellen des Kleinen Kaukasus an der Baumgrenze wächst und als Dickstamm vereinzelt in die subalpinen Wiesen tritt. ]



Die Wälder der Domäne Borshom in wirtschaftlicher Hinsicht. Die herrlichen Wälder der dem Großfürsten michail nikolajewitsch gehörigen Domäne sind ganz besonders geeignet, um daran Mitteilungen über die Art und Weise der Bewirtschaftung der kaukasischen Wälder und ihrer Rentabilität zu machen. Denn jedenfalls können uns die Wälder von Borshom in dieser Hinsicht als bestes Beispiel im Kaukasus dienen, da ihnen im Vergleich zu den Kronwäldern mit einem größeren Verwaltungspersonal eine rationellere Bewirtschaftung zu Teil wird und in Folge der großen Bedeutung für den Holzhandel die Kura abwärts ihre Erhaltung und Pflege für die Zukunft von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Auch über die Feinde des Waldes, die Herde des Insektenfraßes, über die Ansiedelungen im Walde, deren Viehstand keinen Nachwuchs aufkommen lässt, endlich über die zeitweisen Brände soll Einiges gesagt werden. Ich folge hierbei teils den offiziellen Angaben, welche im Jahre 1889 bei einer statistischen Beschreibung und Taxation ermittelt wurden, teils den Angaben des Verwalters von Borshom, Herrn ardasenow. Der Abschnitt über die schädlichen Insekten wurde auf meine Bitte für dieses Werk von Herrn WINOGRADOW-NIKITIN, dem Gehülfen des ersteren, einem Spezialisten für dieses Fach, verfasst.

Über die Größe dieser Domäne und den Umfang ihrer Wälder gab ich schon oben p. 222 Auskunft. Das dort Angeführte ist zu ergänzen: subalpine Wiesen über der Baumgrenze 13 507 Desjt., Waldwiesen 2005 Desjt, Ackerfelder 722 Desjt. Der Rest der Oberfläche mit Ausschluss der Waldgebiete, welche rund 50000 Desjt. einnehmen (Summa der ganzen Domäne 69881 Desjt), kommt auf die nicht benutzbaren Plätze, Steilfelsen, den Kura-lauf und ihr wechselndes Schwemmland, auf den Tabizchuri-See und die Wege.

[p.:227] In früheren Zeiten (bis 1859) war überhaupt von einer regelrechten Bewirtschaftung gar nicht die Rede und die damals entworfene Schlageinteilung mit ;e hundertjähriger Erneuerung des Fällens kam nicht zur Ausführung. Man hieb nach Wahl die besten Stämme, natürlich je bequemer, um so besser, und kümmerte sich weder um die schwer zugänglichen Wälder, noch um las Trocken- und Sturzholz, ließ auch alles, was vom frischgefällten Starrm nicht wertvoll genug war, alles Geäste und die Spitze der Bäume im Walde liegen. Es bildeten sich im Verlaufe der Zeit immer mehr Fraßherde und Fraßnester der Waldverderber, denen man anfänglich gar keine Aufmerksamkit schenkte und deren Bekämpfung auch jetzt noch nur mangelhaft betrieben .wird. Das hat auch seine großen Schwierigkeiten und würde, wenn wirkich rationell durchgeführt, sehr große Unkosten bereiten. Ein zweiter Übebtand für das Gedeihen des Waldes und namentlich des Nachwuchses liegt darin, dass in den Wäldern der Domäne 18 Dörfer gelegen sind, welche durchschnittlich je 20 Feuerstellen, also etwa 360 Familien im Ganzen sess-haft haben. Die Bevölkerung ist gemischt, es sind Grusiner, Ossen und Klein-russm. Sie zahlen Grundpacht und arbeiten auf Lohn beim Schlag und mit dem Vieh bei der Ausfuhr. Aber das Vieh, welches im Walde weidet, lässt den Nachwuchs nicht aufkommen. Anderweitigen Schaden verursachen die Waldbrände. Namentlich sind sie zur Zeit des trockenen Hochsommers in den mehr oder weniger geschlossenen Coniferen-Beständen gefährlich. Meistens werden sie durch Nachlässigkeit verursacht,' da man die gelegentlichen Nachtfeuer bei dem Verlassen der Ruheplätze nicht ablöschte; doch auch aus Rache zünden unzufriedene Bauern den Wald an. Im Ganzen rechnet man auf der Donäne 11 ooo Desjt. verbrannten Wald. Das größte Feuer wütete im Herbst 1895, es zerstörte 6000 Desjt. Weithin lag Wald und Kurathal in Rauch gehüllt. Zum Löschen sind nicht allein die Insassen Borshoms und der Um-gegjnd verpflichtet, sondern es wird auch'das Militär, Kosaken und Infanterie, dazi beordert. Endlich muss ich der Stürme gedenken, die manchen Stamm zu Falle bringen. Dem gesunden, geschlossenen Hochwalde im Gebirge können sie nicht so leicht beikommen. Aber auf freier Straße, entlang der Kura, rasen sie, wenn auch nur selten, mit voller Macht und zwar thalabwärts zur heißen Sonmerzeit (auch im Juni 1896). Die gestürzten und gebrochenen Stämme liegen in der Richtung Achalzich-S'uram. Man nennt solche Stürme hier Cyclonen; ich glaube nicht, dass sie wirklich in die Kategorie der Wirbelwinde gehören, sondern vielmehr Stürme SW.-NO. sind, welche unbehindert mit Veiemenz in die enge Schlucht des Kura-Durchbruches stürzen. Schlimmer noch sind die höher im Gebirge bisweilen einsetzenden Stürme, welche im Quadranten NO.-SO. rasen. Sie treffen das tiefe Hauptthal der Kura nicht, wohl aber die hochliegenden Terrassen z. B. von Bakuriani und Zichis-dshwari, und richten dann großen Schaden an; so wurden 1876 im Verlaufe von 48 Stunden am 10. und ii. Oktober auf den genannten Lokalitäten circa 50000 Stämme gestürzt. Auch bei der jetzigen Bewirtschaftung der Wälder von Borshom hält man die Einteilung nach Schlägen nicht ein. Man schont aber nach [p.:228] Möglichkeit den gesunden Wald, bemüht sich die überstandenen, oft sehr aufgetrockneten Stämme und das Sturzholz fortzuschaffen und den Wald wenigstens streckenweise zu reinigen. Prinzipiell wird mit jedem folgenden Jahre weniger frisches Holz geschlagen. Der Schlagpreis pro Stamm beläuft sich durchschnittlich auf 30—50 Kopk., d. h. man bezahlt für einen Balken, ohne Äste und Rinde bei vier Faden Länge am Platze im Walde diesen Preis als Arbeitslohn. Der höchste Wert, den ein Prachtstamm auf dem Holze haben kann, beläuft sich auf 7—10 Rbl., er hat einen dreifachen Wert als Balken, wenn er gefällt und an die Eisenbahn oder an das Kuraufer gebracht wurde. Solche Balken sind kerngesund und haben am oberen Ende einen Durchmesser von 14—16 Werschok. Doch das sind jetzt schon seltenere Ausnahmen. Den Mittelwert der Balken als Bauholz bei 4 Faden Länge muss man bei 8 Werschok oberem Dickende und ca. 40 Kubikfuß Inhalt, ä 20 Kop. den Kubikfuß, mit 8—i o Rubeln am Platze des Exportes berechnen. An die Kura gebracht koppelt man daraus Doppelflöße von je 10 Balken, diese werden am Platze je nach der Dicke des Holzes im Mittel mit 200—300 Rbl., selten mit 400 und darüber bezahlt. Der Transport eines Floßes die Kura abwärts bis Tiflis, ca. 150 km, kostet 25—30 Rbl. und die Preise am Holzmarkt von Tiflis sind von 200—600 Rbl. pro 20 Balken. Dabei ist zu bemerken, dass schon während des Transportes das Holz durch 3 und 4 Hände geht, da sich die Zwischenhändler mit geringem Profit begnügen.

Dieser Handelsweg des Holzes von Borshom ist der bequemste und frequentierteste. Ein zweiter führt von den Schlägen über das Gebirge auf das waldlose Hocharmenien nach Achalkalaki. Der mühsame Transport dorthin wird auf zweirädrigen, plumpen Arben, je mit 6—8 Ochsen oder 4 Büffeln bespannt, über den fast 2740 m (9000 r. F.) hohen Zchra-Zcharo-Pass ausgeführt und findet nur im Sommer statt, weil im Winter (Nov. bis April) hoher Schnee die Passage verhindert. Man gestattet nur Sturzholz nach Wahl des Käufers auszuführen, das Gut hat dabei gar keine Unkosten zu tragen. In neuerer Zeit wächst die Ausfuhr nach Achalkalaki (reichlich 40 km) sichtlich. Sie belief sich 1895 auf 16000 Rbl., obgleich den Käufern am Platze der Einkaufspreis höher gestellt wird, als den Lokalkonsumenten, so z. B. der Kubikfaden Brennholz im Walde für Achalkalaki 6 Rbl., für den Lokalkonsum nur 2—3 Rbl. Aus dem Walde aber zur Kura gebracht kostet ein solcher Kubikfaden schon 15 Rbl. In Tiflis zahlt man für dasselbe Maß bester Qualität Brennholz folgende Preise: Nadelholz 22—25 Rbl., Rotbuche und Eiche 27—32 Rbl., Weißbuche, als das beste, 34—42 Rbl., mit Hinstellung zur Wohnung des Konsumenten.

Die gegenwärtige Gesamtproduktion der Domäne stellt sich in runden Zahlen annäherungsweise folgendermaßen zusammen:

30 000 bis 40 000 Balken ä 4 Faden, für die man vornehmlich die durch Insekten geschädigten und schon abgetrockneten Stämme verwendet.

[p.:229] 400000 Kubikfuß Holz, namentlich Kiefern und Tannen von überständigen Stämmen.

2—3000 Kubikfaden Brennholz verschiedener Qualität.

Das Betriebsjahr 1895

Man hat neuerdings ernsthaft an die Aufforstung der leeren Brandstellen gedieht. Pro 1897 sind dazu 10000 Rbl. angewiesen und man wählte dazu ein Grebiet ohne Viehgang. Die Erfahrung wird lehren, ob Saaten oder Anpflanzungen sich bewähren. Mit beiden solchen Versuchen wurden in den Wäldern von Kedabeg (SIEMENS Kupferhütte) keine Erfolge erzielt. Aber man muss dabei bedenken, dass dieser Ort bereits bedeutend östlich vom Grenzmeridian der beiden kaukasischen Tannen gelegen ist. Die lukrative Zukanft dieser Domäne liegt kaum mehr im Walde, welcher unter den jetzigen Wirschaftsverhältnissen mit jedem Jahre mehr und mehr geschwächt wird. Vielmehr liegt die Zukunft Borshoms in seiner Bedeutung als Bade- und Villenort und namentlich in seinen Mineralwässern. Letztere ersetzen, soweit sie bis jetzt benutzt werden, in der Hauptquelle das Vichywasser mit geringer chemischer Differenz und ist die Produktion desselben im Verlaufe von 4 Jairen bereits auf eine halbe Million Flaschen gestiegen. Wenn auch augen-blictlich sich diese Mineralwasserproduktion in Folge der hohen Preise der Flaschen, welche aus Finland via Gibraltar und Batum an ihren Bestimmungsort Borshom kommen, nicht rentiert, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass durch die Errichtung einer großartigen Glashütte (Privatunternehmen) und bei dem dadurch bedingten Fallen des Preises für die Flasche um 2/3 ihres jetzigen Wertes, das Vichy Borshoms in baldiger Zeit den eigentlichen Reichtum der Domäne repräsentieren wird.

Diesen Mitteilungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse Borshoms füge ich zunächst einige Daten von ökonomischem Interesse für alle kaukasischen Forstbezirke bei.

Nach dem ministeriellen Berichte für das Jahr 1895 werden die ökonomischen Verhältnisse aller Kronwälder durch folgende Tabelle repräsentiert:

[p.:230]

Alle Forstbezirke haben außer den Einnahmen vom Walde, die ich in dieser Tabelle nur angebe, noch andere Revenuen, so z. B. im ganzen: Gouv. Tiflis 122013 Rubel, Gouv. Kutais 43022 Rubel, Gouv. Stawropol 74439 Rubel u. s. w.

Schädliche Insekten der kaukasischen, speziell der Borshomer Wälder (nach dem russischen Originaltexte von WlNOGRADOW-NlKITIN) [Anm.:Die Verantwortung für diese Mitteilungen übernimmt natürlich der Antor, Herr WINOGRADOW- NlKITIN.]

Insekten, welche den Wäldern des Kaukasus schaden, sind sehr zahlreich, weil die Holzarten und ihre Wachstumsbedingungen im Kaukasus äußerst verschieden sind. Die Raubwirtschaft in den Wäldern und ihre grenzenlose Verunreinigung durch alle restierenden Abfälle geben den schädlichen Insekten die Möglichkeit, sich in so hohem Grade zu vermehren, dass an manchen Orten ganze Waldbezirke verseucht werden und der Kampf mit den Feinden des Waldes absolut unmöglich wird. Besonders groß ist der Schaden von Käfern aus der Familie der Scolytidae, welche hauptsächlich dem Nadelholz, besonders der Picea orientalis, die bösesten Feinde sind. Dieses Übel vergrößerte sich in der letzten Zeit mancherorts noch ungemein durch große, streckenweise wandernde Brände der Nadelhölzer. Eine riesige Menge leicht versengter Bäume, welche auf den Brandstätten, dank dem Mangel von Wegen und Unternehmungsgeist, nicht entfernt wurden, gaben den Borkenkäfern die Möglichkeit sich in ungeheurer Anzahl zu vermehren. Stellenweise flogen dieselben förmlich in Wolken und überfielen die Bäume in solcher Menge, dass man schon in einiger Entfernung das Geräusch hören konnte, welches durch das Ausnagen der Gänge unter der Rinde hervorgebracht wurde. Wegen Mangels an Platz an den Stämmen krochen zuweilen mehrere Käfer einer Art (10 und mehr) in ein einziges Bohrloch und bemühten sich, gegenseitig sich [p.:231] störend, nach verschiedenen Seiten auseinander zu gehen. Auf diese Weise wird der Splint in radialer Richtung von der Eingangsöffnung ausgenagt und bildet sogenannte fächerförmige Miniergänge, welche besonders oft bei Tomi-cus sexdentatus Börner, T. acuminatus Gyll. und T. bistridentatus Eich, angetroffen werden. Wenn sich der Käfer unter der Rinde bis zu einem freien Platze durchgenagt hat, wird der Miniergang beendet und es fängt der Muttergang an, an dessen Seiten die Eier abgelegt werden. Öfters kommt es vor, dass sich an dem Stamme solche freie Plätze nicht mehr befinden, dann nagen sich die Käfer entweder in das Holz bis 65 mm hinein, oder sie siedeln, nachdem sie ein Flugloch ausgenagt haben, auf andere Bäume über. In solcher Weise werden fächerförmige Miniergänge nur in dem Falle ausgeführt, wenn die Zahl der Insekten sehr groß ist. Es ist selbstverständlich, dass bei solchen Massenausflügen von einer besonderen Auswahl geschwächter oder kranker Bäume keine Rede sein kann. Ganze Waldbezirke, die gesund waren, kommen dabei vollständig um. Die ersten Flüge machen Versuchsanfälle und kommen, falls die Bäume zu saftig sind, in dem ausfließen-den Harze um. Sie geben aber den folgenden Flügen der Borkenkäfer die Möglichkeit, unter die Rinde der nun schon geschwächten Bäume zu gelangen. Bei solchen Massenausflügen überfallen die Borkenkäfer Holzarten, die ihrer normalen Lebenweise gar nicht entsprechen. So wurde z. B. Tomicus sexdentatus auf Taxus baccata und sogar auf Laubholz gefunden. Dabei drang er unter der Rinde nicht weiter als 2—3 cm vor und wurde ein Opfer seines Versuches. Wenn die Zahl der Käfer zur Flugzeit nicht besonders groß ist, so werden, wenigstens bei dem Genus Tomicus, keine Miniergänge angelegt, sondern es gehen die Insekten sofort an den Bau der Muttergänge. Die Verbreitung der durch Borkenkäfer vertrocknenden Bestände geschieht besonders schnell nach der Richtung der herrschenden Winde zur Flugzeit der Käfer. Sehr oft kann man in den Wäldern Streifen vertrockneter Bäume in dieser Richtung beobachten, dabei fangen solche Streifen immer bei Holzschlägen, kleinen Brandstrecken u. s. w. an. Besonders empfindlich gegen Borkenkäferschäden erweisen sich die Tannenbestände, da Picea orientalis, auf schattigem Boden mittlerer und geringerer Güte wachsend, sehr empfindlich gegen Veränderungen äußerer Wachstumsbedingungen ist. Die geringste Unregelmäßigkeit im Holzschlagen, oder Windbrüche, welche den Boden entblößen, setzen diese Tanne dem Winde und der Sonne aus, wodurch sie kränkelt und so dem Anfalle der Feinde zugänglicher wird, bald ganz vertrocknet und von sich aus das Übel tiefer in den Bestand verbreitet. Tomicus sexdentatus, der Hauptfeind der Nadelwälder, hat im Jahre zwei Generationen. Es ist bemerkenswert, dass diese Art im Kaukasus besonders gerne P. orientalis angreift, während die europäische Tanne, P. excelsa, soviel mir bekannt ist, von diesem Borkenkäfer nicht überfallen wird. Gewöhnlich geht unser Baum schon im Verlaufe von 2—3 Wochen ein. Besonders umfangreiche Verwüstungen der Tannenwälder befinden sich in den Kreisen: Gori, Achalzich und Scharo-pan und die Zeit ist sicherlich nicht mehr fern, in der die Tanne in diesen [p.:232] Kreisen zu den selteneren Bäumen gezählt werden wird. Der Schaden durch Tomicus sexdentatus wird noch durch den Umstand vergrößert, dass aufiler den Muttergängen noch Miniergänge angelegt werden, welche oft in das feiste Holz bis 65 mm. tief eindringen und dadurch die technische Qualität dies Holzes beeinträchtigen. Diese Miniergänge werden nach den Frühjahrs- uind Herbstflügen gewöhnlich gleichzeitig mit den Muttergängen angelegt. E!e-sonders häufig geschieht dies bei gleichzeitigen Massenausflügen der Käfer nach einem kalten Frühjahr oder regnerischen Sommer, denen warme, günstige Tage folgen. Die Miniergänge gehen anfangs, wie schon gesagt, strahlenförmiig vom Bohrloche aus, einige von ihnen können bei günstigen Bedingungen sich zu Muttergängen entwickeln, gewöhnlich aber werden sie weiter und weiter in verschiedenen Richtungen fortgesetzt, durchkreuzen sich, erreichen bis 50 c:m Länge und an ihrem Ende bohren sich die Käfer ins feste Holz ein, wo i sie größtenteils umkommen. Solche Miniergänge kommen aber niemals vor, we:nn die Käfer sofort günstige Bedingungen zur Errichtung regelmäßiger Muttergänge finden. Bei diesen befindet sich das Bohrloch stets am unteren Ende, wahrscheinlich um bequemer das Bohrmehl hinauszustoßen. Man kann nach der Lage des Bohrloches bestimmen, ob die Käfer den stehenden Baum überfielen, oder am bereits gefällten Stamme ihre Arbeit begannen. Beim Bohrloch wird die Rammelkammer ausgenagt, von welcher 3—5 Muttergänge ausgehen, dabei führt gewöhnlich am stehenden Holz blos ein Gang nach oben, alle übrigen dagegen nach unten; dagegen auf liegenden Bäumen ohne Unterschied alle entweder nach oben oder nach unten. Dieses Merkmal ist sehr wichtig, um Missbräuche in denjenigen Wirtschaften aufzudecken, wo ausschließlich todtes Holz gefällt werden soll. In allen Fällen folgt der Muttergang der Richtung der Längsfasern und nur auf stark gewundenen Bäumen beobachtete man eine Abweichung von 45° von der vertikalen Richtung. Die Länge des Mutterganges erreicht bis 17 cm, die Zahl der abgelegten Eier Ibis 108, gewöhnlich werden nur 60—80 abgelegt. Von einer Familie, bestehe: nd aus einem Männchen und drei Weibchen kann sich im Verlaufe eines Jahres eine Nachkommenschaft von 10000 Käfern entwickeln. In den Muttergängen werden in einer Entfernung von 6—7 cm Luftlöcher ausgenagt, augenscheiin-lich dazu, um nicht das Bohrmehl aus dem Bohrloche hinauszuschaffen. Seltener als die Tanne überfällt Tomicus sexdentatus die Kiefer und Pinus halepensis und noch seltener Abies Nordmanniana. Das Vorkommen diesses Käfers auf Taxus baccata und auf Laubholz ist sicherlich nur zufällig, weil die in diesen Bäumen abgelegten Eier umkamen und keine Nachkommenschaft lieferten. In den reinen Tannenbeständen wütet der Käfer entsetzlich, der Wald von Wardewani auf der Domäne Borshom wurde auf einer Fläche vion 600 Desjt. ganz vernichtet, es gab da keinen einzigen grünen Baum meltir. Und doch war in diesem Walde niemals Brand gewesen, noch wurde daselbst Holz geschlagen. Die Käfer wanderten zu ihm von den einige Kilomelter entfernten Wäldern des Fürsten zizianow, welche in den letzten Jahren dur ch Waldbrände stark gelitten hatten. In der Vertikalen steigt Tomicus sexdein- [p.:233] tatus im Gebirge bis zur äußersten Grenze der Verbreitung des Nadelholzes. Die große Verbreitung dieses Borkenkäfers veranlasste einige Wirte, das Schlagen von frischem Holz vollständig einzustellen und nur totes Holz zu fällen. Als Mittel zur Bekämpfung dient schleuniges Aushauen der verseuchten Bäume und Abschälen der Rinde vor dem Ausschlüpfen der neuen Generation, die Äste werden in Haufen gelegt und verbrannt. In den Wäldern von Abas-tuman wurden die restierenden Stöcke mit Kalkwasser begossen. Solche Mittel werden aber nur in den besser bewirtschafteten Wäldern angewendet, gewöhnlich überlässt man anderweitig die verseuchten Wälder ihrem Schicksale, es wirken dann in solchen die von der Natur geschaffenen Feinde der Borkenkäfer, verschiedene Vögel und Raubinsekten (Ips, Colydidae, Ichneumonidae etc. Als Hauptvertilger erscheinen mittlere und kleine Spechte, Meisen u. a. Von Käfern vertilgt Nemosoma die Eier der Borkenkäfer. Auf der Domäne Borshom belief sich der Schaden von Tomicus sexdentatus 1893 auf 40000 Stämme [Anm.: Dieser Schaden wurde im folgenden Jahre durch eine unqualifizierbare Maßregel der damaligen Verwaltung fast verdreifacht. Man wollte, wie das in geregelter Wirtschaft geschieht, sogeiannte »Fangbäume< herrichten. Mit einem Aufwande von loooo Rbl. wurden 43000 gesunde Bäume gefällt. Sie thaten ihren Dienst. . . Aber im Frühjahre löste man von ihnen die Rinde nicht. Man hatte also die Borkenkäfer nur vermehrt, 10000 Rbl. ausgegeben und 40003 gesunde Bäume vernichtet!].

Myelophilus minor Hart, und piniperda L. verursachen auch sehr bedeutenden Schaden, weil sie oft die erste Ursache der Schwächung der Kiefern sind, indem sie die Kronen sowohl der alten, als auch der jungen Bäume vernichten. Es ist interessant, dass M, minor im Kaukasus sich auch un:er der Rinde von Picea orientalis sehr stark vermehrt und dabei ganz regelmäßige Muttergänge bildet. Besonders umfangreiche Verwüstungen wurden von diesem Borkenkäfer in dem Jungholze des Bezirkes Tetrobo-Tschebortschai der Kronforstei von Achalkalaki angerichtet. Verhältnismäßig unbedeutender Schaden wurde von ihm in last allen Kieferwäldern unseres Landes bemerkt. Der Flug geschieht sehr früh, früher als bei allen übrigen Borkenkäfern, nämlich schon Ende März und Anfang April, 1895 wurde der erste Massenflug arr. ig./'31. März beobachtet. Höher im Gebirge verspätet gewöhnlich der Flug, Auf lebenden Stämmen bildet Myelophilus minor stets senkrecht zu den Fasern stehende Muttergänge mit dem Bohrloch nach unten. Auf liegenden Holze sind die Muttergänge verschieden angelegt und befindet sich das Bohrloch auf ganz entgegengesetzten Stellen. M. piniperda baut auf stehendem Holze den Muttergang stets senkrecht über das Bohrloch, auf liegendem ist die Richtung sehr verschieden. Die erstere der beiden Arten bevorzugt meistens denjenigen Teil des Kiefernstammes, welcher eine rötliche dünne Rinde besitzt, während die letztere die stärkere schwarzbraune Rinde bewohnt.

Tomicus bistridentatus Eichh., T. bidentatus var. (beta) Eichh. und T. acuminatus Gyll. bewohnen hauptsächlich die Äste und Kronen der Kisfer, Tanne und Fichte, die letztere der drei Arten wurde auch an [p.:234] Stämmen bis 70 cm Durchmesser angetroffen. Auf Picea orientalis kommen alle drei Arten vor. (Fraßstücke befinden sich im Museum zu Tiflis). Der erste Flug dieser Käfer findet Ende April und Anfang Mai statt, der zweite Ende August und Anfang September. Die Gänge haben alle einen sternförmigen Typus, außerdem fertigt bei ungünstigen Verhältnissen T. acuminatus fächerförmige Miniergänge an, welche am Ende ins Holz bis zu einer Tiefe von 1,5 cm eindringen. Diese Tomicus-Arten sind dem Jungholz während der trockenen Jahreszeit besonders schädlich, wenn die Bäume keinen großen Saftgehalt haben. Im Gebirge gehen sie bis 2280 m (7500 r. F.) hoch hinauf und T. acuminatus wurde sogar noch höher gefunden. Verhältnismäßig geringen Schaden verursacht Tomicus longicollis Gyll., welcher gewöhnlich kranke Kiefern anfallt. Sein Flug geschieht im Herbst, den Winter verbringen die Käfer unter der dicken Rinde abtrocknender Kiefern, wo sie zusammen mit T. laricis F. unregelmäßige Miniergänge ausnagen. Interessant sind auch die Miniergänge vom unlängst beschriebenen T. spinidens Reitt. auf Picea orientalis und P. silvestris; sie werden gewöhnlich fächerförmfg angelegt und bestehen aus 6—15 Strahlen von 6—8 cm Länge. Die Strahlen haben an den Seiten Ausbuchtungen, wie die Gänge von T. acuminatus Gyll., wahrscheinlich zu dem Zwecke, damit die Käfer sich ungehindert umdrehen können. Diese Art überfällt alle drei Coniferen an geschwächten Exemplaren. Der Flug findet im Mai statt. Die Muttergänge, 4—7 an der Zahl, gehen zuerst sternförmig von der Rammelkammer aus, später stehen sie senkrecht zu den Fasern des Baumes, erreichen eine Länge von 7 cm und haben stellenweise seitliche Erweiterungen. Die Zahl der von einem Weibchen abgelegten Eier beträgt bis 130. Die Larvengänge erreichen bis 3 cm Länge und endigen in der bis 3" mm ins Holz eindringenden Wiege. Diese Art wurde in den Wäldern von Borshom und Achalzich beobachtet.

Pityophthorus micrographus L. und Cryphalus saltuarius W ei ss e infizieren dünne Teile der Bäume, hauptsächlich von Picea orientalis, seltener trifft man sie auf Ab. Nordmanniana und noch seltener auf der Kiefer. Ersterer hat im Kaukasus nur eine Generation im Jahr und fliegt im Juni. Auf frisch gefällten Bäumen überfällt P. micrographus auch dicke Balken. Diese Verschiedenheit in der Flugzeit der Borkenkäfer giebt die Möglichkeit, recht genau die Hauzeit zu bestimmen, was besonders wichtig ist zum Entdecken von unerlaubtem Holzfällen. Wenn z. B. auf den gefällten Bäumen Myelophilus minor oder piniperda ihre Gänge gebaut haben, so kann man daraus richtig schließen', dass diese Bäume vor dem März gefällt wurden; wenn Tomicus sexdentatus beobachtet wird, so war der Baum vor dem Mai gehauen und endlich, wenn Pityophthorus micrographus angetroffen wird, so wurde der betreffende Baum bis zum Juni gefallt. Die Rammelkammer des letzteren wird in der Rinde angelegt, die Muttergänge, bis 7, werden sternförmig unter der Rinde genagt und greifen den Splint an, sie erreichen 5 cm Länge. Die Zahl der Eier ist in jedem Gange bis 60, die Larvengänge haben eine Länge von 1,5—2 cm. Dieser Borkenkäfer wurde in allen Nadelwäldern des Gouverne- [p.:235] ments Tiflis und Kutais beobachtet. Cryphalus saltuarius überfällt ausschließlich dünne Teile von Tannen und Fichten, seltener findet er sich auf Kiefern und in Ausnahmefällen wurde er auf Juniperus communis var. reflexa gefunden, wo er ganz regelmäßige Gänge baute und sich vermehrte. Muttergänge existieren bei dieser Art nicht. Es wird gewöhnlich eine unregelmäßige Fläche ausgenagt, an deren Ränder die Eier abgelegt werden. Die Larvengänge sind radial angelegt, sie kreuzen sich zuweilen und sind bis 45 cm lang. Dieser Borkenkäfer überfällt kranke Zweige, Jungholz u. s. w. Die Gänge fangen gewöhnlich neben Wunden oder Rissen der Rinde an, er ist häuptsächlich in der Schlucht von Borshom zu finden. Auf absterbenden und beschädigten Ästen von P. silvestris trifft man auch Carphoborus minimus F. an, er fliegt Ende Mai und hat eine einjährige Generation, die Muttergänge sind von sternförmigem Typus und erreichen eine Länge von 3 cm. Die Zahl der abgelegten Eier überschreitet gewöhnlich 15 nicht in jedem Gange, die Larvengänge stehen nicht dicht und sind nur 1,5 cm lang. Verbreitet ist diese Art hauptsächlich im Kreise Achalzich, wo sie bis 1830 m (6000 r. F.) Höhe vorkommt.

Hylastes ater Payk., H. attenuatus Er., H. angustatus Hbst. und Hylurgops palliatus Gyll. trifft man fast ausschließlich in den Stöcken der drei Coniferen an, der zuerst genannte geht auch auf Taxus baccata und verhindert den Wuchs von Schösslingen, was in Hinsicht auf die Abnahme dieser wertvollen Holzart durch Aushauen sehr wichtig ist.

Noch müssen Xyleborus cryptographus Retz und Xyloterus lineatus Öl. erwähnt werden, welche im Kaukasus vorkommen, und obgleich sie den lebenden Bäumen keinen Schaden zufügen, so verursachen sie doch einen sehr bemerkbaren technischen Nachteil am gefällten Nadelholz. Diese Käfer bohren sich nämlich bis 15 cm tief in dasselbe und bauen dort ihre Leitergänge. Es wurden Fälle beobachtet, in denen auf einem Quadratfuß Oberfläche des Balkens bis 150 Bohrlöcher vorhanden waren. In diese Löcher dringt schnell die Feuchtigkeit und damit Fäulnis in das Innere des Balkens ein und machen ihn zu vielen technischen Zwecken ganz unbrauchbar. Um die Balken vor dem Überfall dieser Käfer zu schützen, wird die Rinde sofort nach dem Fällen abgeschält, und findet dennoch ein Anfall der Käfer statt, so ist er nur geringfügig. In den Wäldern Borshoms sind die Genannten häufig, ihr Flug findet Ende April bis Anfang Mai statt.

Auf Juniperus, Biota orientalis und Cupressus schadet Phloeosinus bicolor Brll., er hat jährlich zwei Generationen, die erste im Mai, die zweite im August. Die Muttergänge sind zweischenkelig nach der Länge der Fasern gerichtet, jeder Gang wird bis z cm lang, die Larvengänge bis 4 cm, gewöhnlich überschreitet ihre Zahl 15 nicht. Auf dem Gebirgskamme von Wachang wurde dieser Käfer auf Juniperus nana in einer Höhe von beinahe 2600 m «500 r. F.J gefunden. In niedrigeren Lagen schadet er besonders den angepflanzten Thuja und Cypressen, zumal in der trockenen Jahreszeit.

[p.:236] Laubholz wird von Borkenkäfern hauptsächlich aus der Gruppe der Scolytini beschädigt. In den meisten Fällen fangen die Verletzungen an einzelnen Teilen des Baumes, an verwundeten Ästen, Kronen u. s. w. an. Betula alba wird in den höheren Regionen (1520—2280 m — 5—7500 r. F.) von Scolytus Ratzenburgi Jans, angegriffen. An einigen Orten, z. B. auf dem Trialetkamme, ist dieser Käfer so verbreitet, dass nicht eine Birke zu finden ist, die durch ihn nicht geschädigt wurde. Der Umstand, dass die Birke dort stark durch Schneefall, durch Winde und bei dem Weiden vom Vieh verletzt wird, vergrößert das Übel. Die Art fliegt im Juni, ihre Generation ist einjährig. Die Ulmus-Arten werden durch eine recht große Anzahl von Scolytus sp. heimgesucht. Sc. Geoffroyi Goeze ist der Feind von Ulmus montana und U. campestris, jährlich fliegen von dieser Art zwei Generationen, eine Anfang Mai, die andere im August. Dieser Käfer wurde häufig in der Schlucht von Borshom bis zu 1220 m (4000 r. F.) Höhe beobachtet. Er wählt gewöhnlich die dicken Stammteile von Ulmus montana und U. campestris. In den höheren Regionen von 1220—2130 m (4—7000 r. F.) wird diese Art durch Sc. laevis Chap. ersetzt. Letzterer hat eine einjährige Generation und fliegt im Juni. Die Muttergänge haben am Anfange eine Erweiterung, sind stets nach oben über das Bohrloch gerichtet und erreichen eine Länge bis 8 cm. Die Zahl der Larvengänge beträgt bis 160, sie haben bis 7 cm Länge und endigen mit einer Wiege, die im festen Holz mit einer Tiefe von 1 cm gelegen ist. Bei ungünstigen Verhältnissen macht das Weibchen an mehreren Stellen verkürzte Muttergänge, welche dann weniger als 1 cm lang werden und 3—5 Eier enthalten. Solche verkürzte Muttergänge haben in den meisten Fällen nicht die charakteristische Erweiterung am Anfange. Häufig gehen auch vom Bohrloche zwei Muttergänge, der eine nach oben, der andere nach unten, aus. Die Gänge werden gewöhnlich an schadhaften Stellen, Rissen, Wunden, angelegt. Die Arbeit der Larven nimmt bald einen immer größer werdenden Raum ein und verursacht ein teilweises Vertrocknen des Baumes. Dank diesem Umstände trifft man in den Wäldern von Borshom und Achal-zich eine sehr große Anzahl von beiden Ulmus-Arten mit vertrockneten Kronen. Eben auf diesen Bäumen, aber nur an den dünnen Ästen und Zweigen findet man Scolytus pygmaeus F., Sc. Kirschi Seal, und Hylesinus vitta-tus F. Diese Arten haben im Kaukasus jährlich zwei Generationen und sind überall verbreitet. Besonders hat Ulmus campestris an trockenen Standorten von ihnen zu leiden. Höher als in 1220 m (4000 r.F.) wurden sie nicht beobachtet. Carpinus Betulus wird von Scolytus carpini Retz. angegriffen, welcher gewöhnlich die geschwächten Stämme und Äste überfällt. Die Muttergänge, senkrecht zu den Fasern des Holzes angelegt, sind 3—4 cm lang. Die Larvengänge (bis zu 60), bis 9 cm lang, sind immer parallel den Fasern. Die Puppenwiegen befinden sich im Holze 5—6 mm tief. Jährlich entwickeln sich zwei Generationen, die erste im April und Anfang Mai, die zweite im August, Bis zu 1050 m (3500 r. F.) Höhe ist die Art in den Wäldern Borshoms verbreitet. Verhältnismäßig selten wird Scolytus intricatus Retz. angetroffen, [p.:237] welcher die horizontalen Gänge unter der Rinde dicker Eichen anlegt. Die Fruchtbiume, Äpfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen, werden von Scolytus rugu-losus Retz. und Sc. pruni Retz. angegriffen. An gesunden Bäumen verursachen beide Gummi-fluss, geschwächte Stämme und junge Anpflanzungen können durch sie ganz vernichtet werden. Sc. rugulosus greift gewöhnlich die dünnen, Sc. pruii die dickeren Teile der Bäume an, der erstere geht bis zur Grenze der Obstwildlinge, bis 22to m (7500 r. F.), der letztere nur bis 1220 m (4000 r. F.). Sc. rugulosus greift auch Sorbus aucuparia, Cotoneaster pyracantha und multiflora, sowie Crataegus melanocarpa an; er hat jährlich zwei Generationen, Sc. pruni nur eine. Als Schutzmittel wird in einigen Gegenden da» Bestreichen der Stämme mit Lehm und Mist uid zuweilen mit Naphtharückständen angewendet.

Alle Ahornarten werden von Scolytus aceris Knotek angegriffen. Flugzeit desselben im Juni; nur eine Generation. Die Muttergänge stehen senkrecht und erreichen bis 6 cm Lange, oft sind sie abgekürzt. Die Larvengänge, bis 120, sind sehr regelmäßig und durchkreuzen sich niemals, die verkürzten Muttergänge haben zuweilen nur 3—4 Larvengänge, die Wiegen liegen bis 5 mm tief im Holz. Der Käfer lebt auf allen Teilen der Ahorne bis in 1520 m (5000 r. F.). Meereshöhe. In den Borshomer Wäldern wurde er auf Acer campestre, A. laetum, A. platanoides und A.Traut-vetteri angetroffen und überfällt gewöhnlich unterdrückte, windbrüchige Bäume. Wir geben beistehend die Abbildungen von zwei Fraßstücken, welche von Acer campestre genommen wurden .(Borshorn).

Frsxinus excelsior hat seine Feinde in Hy-lesinus fraxini Panz., H. oleiperda F. und PhloeotribuS caucasicus Reitt. H. fraxini nagt oft die Miniergänge in das Korkgewebe der Rinde und greift nach und nach das lebende Gewebe an; nachdem dieses getötet wurde, baut

er im Holz horizontale Muttergänge. Seine Flugzeit ist Anfangs Mai und Mitte August, bis 1830 m (6000 r. F.). H. oleiperda fliegt während des ganzer Sommers. Dieser Borkenkäfer wurde auf Ligustrum vulgäre, Olea

Fig. 6. Fraßgänge von Scolytus aceris auf Acer campestre.

Fig. 7. Fraßgänge von Phloeotribus caucasicus auf Fraxinus excelsior.

Fig. 8.Taphrorchus Bulmerinqui Koln, auf Carpinus Betulus



[p.:238] europaea und Syringa beobachtet und zeichnet sich durch sehr lange Muttergänge aus.

Phloeotribus caucasicus greift die dünnen Eschenzweige an und entwickelt meistens seine Gänge an der Basis der Endknospen, sie haben eine hakenförmige Form und werden bis 2 cm lang, bis 60 Eier, die Larvengänge, welche sich gewöhnlich nicht durchkreuzen, werden bis 3 cm lang, zwei Flüge im Frühjahr und im Herbst. Die Art wurde nur bis 1050 m (3500 r. F.) Höhe beobachtet Auch von dieser Art geben wir ein Fraßstück in Abbildung, es stammt von Azchur.

Die Linde wird von Erno-porus caucasicus Lindm. angegriffen, welcher horizontale Muttergänge von unregelmäßiger Form macht. Die Larvengänge, 2—3 cm lang, werden gewöhnlich zwischen den Bastfasern angelegt; fliegt im August und hat nur eine Generation.

Noch muss Taphrorychus Bulmerinqui Koln. erwähnt werden, der sowohl auf der Nordseite des Kaukasus, als auch in Transkaukasien sehr verbreitet ist. Gewöhnlich greift er Carpinus Betulus an. Die Muttergänge werden anfangs sternförmig, später senkrecht zu den Holzfasern angelegt. In diesem letzteren Teile des Mutterganges, der eine Länge bis 3 cm erreicht, werden die Eier bis zu 35 abgelegt, die Larvengänge bis 6 cm lang gehen zwischen den Fasern der Rinde. Der Käfer entwickelt jährlich zwei Generationen.

Viele Sträucher besitzen ihre eigenartigen Borkenkäfer. So z. B. findet man auf Clematis Vitalba Xylocleptes bispinus Duft, mit jährlich nur einer Generation. Es ist interessant, dass die Käfer zum Winter sich in das Mark der jungen Triebe einnagen und im Frühjahr nach dem Fluge Muttergänge von unregelmäßig sternförmiger Form anfertigen, die Larvengänge haben die Richtung der Bastfasern und drücken sich wenig auf dem Splint ab. Die Wiege wird im Holz 1—2 mm tief angelegt. Ebenso verbringt einen Teil seines Lebens Hypoborus ficus Er. im Mark der Stengel von Ficus carica, er hat nur eine Generation und'fertigt zuweilen außer den Muttergängen auch [p.:239] fächerförmige Miniergänge an. Er kommt gleich seiner Nährpflanze nicht höher als in 600 m (2000 r.F) vor und wurde in den Gouvernements Kutais, Tiflis, Jelisa-betpol und Baku beobachtet. Kissophagus hederae Schmidt lebt auf Hedera helix und H. colchica und bildet horizontale Muttergänge. Zum Schluss noch die Nachricht, dass ein interessanter Borkenkäfer, Hylastinus Trifolii Müll., auf dem Strauche Cytisus biflorus lebt. Seine Gänge sind hakenförmig unter einem sehr spitzen Winkel zu einander gerichtet. Die Länge eines 'jeden Astes des Mutterganges beträgt bis 4 cm, die Zahl der Eier bis 35. Die Larvengänge sind nach verschiedenen Seiten gerichtet und messen bis 5 cm. Was die Schäden durch verschiedene andere Insekten anbelangt, so kommen sie für die forstwirtschaftliche Praxis hier zu Lande als nur gering nicht in Betrag. In der Kronforstei von Karajas wurde auf Eichen Ocneria dispar beobachtet und standen dort die Bäume in der zweiten Hälfte des Sommers 1895 fast ganz ohne Laub. Psilura monacha L. wurde in einzelnen Exemplaren bei Lagodechi auf Laubholz und .im südlichen Daghestan auf Kiefern angetroffen. Lasiocampa pini L. kommt vereinzelt in fast allen Kiefernwäldern des Kaukasus vor. Cossus cossus L. greift in beträchtlicher Zahl Populus tremula an. Übrigens hat dieser Baum in den meisten Wäldern noch keine technische Verwendung gefunden. Hylesinus vestitus kommt auf Pistacia mutica vor und Lytta vesicatoria vernichtet oft in bedeutendem Umfange das Laub von Fraxinus excelsior, so z. B. in dem Kronwalde von Schirach. Von den Aphidien müssen Chermes orientalis Dreyf. und Ch. funitectus Dreyf. erwähnt werden; sie verursachen das krankhafte Anschwellen der jungen Knospen von Picea orientalis.

4. Die kauk. Wälder

II. Drei Durchquerungen der Hauptkette zur spezielleren Orientierung über die Wälder